Große Aufgaben für einen kleinen Kaplan

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Erinnerung an den „Bauherrn“ der neuen Wallenhorster Alexanderkirche

Wallenhorst
Im Baugebiet zwischen Boerskamp und B68 hat man von überall einen guten Blick auf den Turm der Alexanderkirche. Ob sich das in der Frömmigkeit der Bewohner niederschlägt, wurde noch nicht untersucht. Eine Unterstützung in dieser Hinsicht bieten jedenfalls die Straßennamen. Sie erinnern an Kirchenmänner, die alle auf die eine oder andere Weise mit Kirche in Wallenhorst zu tun hatten: die Bischöfe von Wartenberg, Melchers und Höting, der Ortsplaner Feldwisch, der Architekt Lütz und – Wilhelm Weß.

Kaplan und später Pfarrverweser Wilhelm Weß leitete die Pfarre St. Alexander in einer Phase des Umbruchs. Die Entscheidung für eine neue Alexanderkirche war noch unter seinem Vorgänger Franksmann gefallen. Als der 1877 überraschend starb, kam auf den Kaplan Weß die Aufgabe zu, alle Verhandlungen bis zum Baubeginn 1879 weiterzuführen. Insbesondere hatte er auch den Entscheidungsprozess für den Standort zu moderieren. Vier Alternativen waren im Gespräch: Flachshütte (heute Friedhof), Bockholt, Dulings Kamp oder ein Neubau an alter Stelle.

Der Bockholt machte schließlich das Rennen. Weß sorgte dafür, dass die Mehrheitsentscheidung ohne größere Reibungsverluste umgesetzt werden konnte, begleitete die Bauplanungen im Detail, überwachte die Bauarbeiten und traf letzte Entscheidungen um den Bau von Pastorat und Küsterei. Er meisterte die große Verantwortung, die plötzlich ihm als „kleinem Kaplan“ auferlegt war. In das Amt eines ordentlichen Pfarrers nach Dr. Franksmanns Tod konnte er nicht berufen werden, weil es wegen des „Kulturkampfs“ Bismarcks gegen die katholische Kirche keine Neubesetzungen gab. Deshalb blieb er bis zu seinem Tod ein Stellvertreter oder, wie es in der katholischen Kirche heißt, „Pfarrverweser“ oder „Pfarradministrator“.

Wilhelm Weß kam 1818 in Vrees (Emsland) zur Welt. Nach dem Abitur am Gymnasium Carolinum in Osnabrück studierte er Theologie und Philosophie in Münster und München. Nach der Priesterweihe 1847 in Osnabrück war er sieben Jahre Schulvikar in Venhaus und danach neun Jahre Vikar in Haselünne. Am 4. März 1864 wurde ihm die Kaplanstelle in Wallenhorst übertragen. 1881 erlebte er als wohl größten Lohn seiner 22-jährigen Wallenhorster Tätigkeit die Fertigstellung und Benedizierung der neuen Alexanderkirche. Er starb am 31. Januar 1886 und fand seine letzte Ruhestatt auf dem Wallenhorster Friedhof direkt neben seinem langjährigen Pfarrherrn Franksmann.

von Joachim Dierks

Quelle: NOZ vom 30.1.2015