100 Jahre Mittellandkanal, 90 Jahre Zweigkanal

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Themenabend im Heimathaus „Hollager Hof“

100 Jahre nach der Entscheidung zum Bau einer Wasserstraße zwischen den Industriezentren im Westen des Deutschen Reiches und den weiten Agrargebieten im Osten einschließlich der Hauptstadt sowie zum (vorgezogenen) 90. Geburtstag des Osnabrücker Stichkanals fand ein Themenabend im Heimathaus Hollage statt. Am 19.4. 2005 referierte dort mit Günter Bergmeier als Leiter des Wasser- und Schifffahrtamtes in Bramsche ein ausgewiesener Wasserbaufachmann, dessen gut zweistündiger Vortrag den 42 Zuhörern eine Fülle von Wissen über Geschichte und Politik, aber auch Organisation, Technik und Bau von Wasserstraßen vermittelte.

So existierten bereits im 16. Jh. Kanalbaupläne, im 18. Jh. kam es vereinzelt in Preußen sowie in Bayern zu Kanalbauten und erst nach dem Ende der Kleinstaaterei in Deutschland sowie der technischen Machbarkeit durch die Dampfmaschine wurde der Bau einer durchgehenden Ost-Westachse angedacht, wobei zwischen ersten Plänen und deren Konkretisierung noch einmal über 50 Jahre ins Land gingen. Kein Grund zur Unruhe also, wenn der Stichkanal mit nun mehr nur 25- jähriger Verspätung bis Ende 2006 ausgebaut wird.

Dass der Gebieter über 57 Kanalkilometer, 3 Sicherheitstore, 30 Düker, 51 Brücken, 2 Schleusen, 2 Pumpwerke, 1 Schöpfwerk, 8 Schiffswendestellen, 8 Liegehäfen sowie 70 Kilometer Kanalseitengräben mit 49 Beschäftigten tagtäglich zerstörte Uferböschungen, unterirdische Auswaschungen und Erdabbrüche, Undichtigkeiten, Rostfraß, Frost- und Hitzeschäden an den Brücken sowie einer Vielzahl anderer Instandhaltungsarbeiten mit zum Teil schwerem Gerät auszuführen hat, war wohl den meisten der Zuhörer nicht bewußt. Ebensowenig die Tatsache, dass die Wasserschutzpolizei nur Hilfsorgan des Kanalamtes ist, z.B. in Fragen der rechtlichen Abwicklung eines Schiffsunfalles oder dass beim Bau derAußenstelle Bramsche 1925 nicht das heutige 0MYC – Gelände innerhalb der Gemeinde zum Zuge kam, sondern die Parzelle in Pente bebaut wurde.

Zum Leidwesen einiger Zuhörer entsprachen die Ausführungen des Referenten zum Osnabrücker Zweigkanal nur dessen Länge, wobei aber das Gespräch zum Schluss Möglichkeit zur Erörterung der aktuellen Fragen wie Sinn und Zweck sowie künftige Perspektiven des Zweigkanals gab. So sei die Entscheidung für die Art eines Transportweges zunächst eine Philosophie, deren Diskurs die Flexibilität des Straßenverkehrs gegen die Umweltverträglichkeit des Wassertransportes abzuwägen habe. Konkret auf den Ausbau bezogen sagte Herr Bergmeier, daß eine Wasserstraße ein Bauwerk wie jedes andere mit einer begrenzten Nutzungsdauer sei, nachderen Ablauf der weitere Unterhalt wirtschaftlich unrentabel werde. Für den Zweigkanal gebe es letztlich nur die Alternative „Neu oder Zuschütten“.

Da der jetzige Neubau gleichzeitig eine Erweiterung auf dass derzeit gültige Maß für Europaschiffe von 110m Länge, 11m Breite sowie 2,8m Tiefgang beinhalte, würde die Attraktivität der Wasserstraße und damit auch die Tonnagezahl zunehmen, zumal nach 2006 die alten Europaschiffe von 85 m Länge, ohne wie bisher leichtern zu müssen, durch den neuen Kanal und die alten Schleusen Osnabrück erreichen könnten. Die volle Nutzung sei nach dem Bau der neuen Schleusen ab 2010 gegeben. Ob zum jetzigen Zeitpunkt bereits ein nochmals erweiterter Ausbau für bereits existierende XXL – Schiffe von 135 m Länge bzw. Schubverbände bis 3500 to sinnvoll ist, müsse die politische Diskussion entscheiden. Hier sei bis jetzt auch die fehlende Wendemöglichkeit im Osnabrücker Hafen bereits für 110 m Schiffe ein Handicap, welches es zunächst zu beseitigen gelte.

Fazit: Ein ebenso informativer wie unterhaltsamer Abend, vom Referenten gewürzt durch „Döönkes“ aus seiner Familiengeschichte, einer Wasserbaudynastie aus dem Schaumburgischen, der dem Bildungsanspruch in der Vereinssatzung durchaus gerecht wurde.

Für den Vorstand
Franz-Josef Landwehr

Quelle: Der Nordkurier 13.5.2005