Plaggenweg erinnert an Düngemethode

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Kunstdünger beendete die Plackerei

jod WALLENHORST
Dass das Leben am Plaggenweg oft eine Plage oder mit viel Plackerei verbunden ist, dürfte angesichts des ruhigen und friedlichen Wohnumfeldes in dieser Lechtinger Nachkriegssiedlung kaum zutreffen. Fest steht aber, dass von der mühevollen Plaggengewinnung die Begriffe „sich abplacken“ und „Plackerei“ abgeleitet sind.

Plaggen (niederdeutsch zu Placken) sind quaderförmige durchwurzelte  Oberbodenstücke, die aus ackerbaulich nicht nutzbaren Böden aus Heiden oder Wäldern ausgestochen wurden. Sie kamen als Einstreu in die Viehställe und wurden anschließend zusammen mit  dem Tierdung als organischer Dünger ausgebracht, meist auf den hofnahen Eschfluren. Diese „geplaggten“ Flächen wurden dadurch deutlich aufgewertet, im Gegensatz zu den Entnahmestellen, die ohne schützende Krume der Erosion durch Wind und Wetter ausgeliefert waren. Das kann man auch im Bereich um Wallenhorst  studieren: Im Hasetal und bei Schleptrup trieb der Wind die sandigen Böden zu Wanderdünen zusammen, die sogar zu einer Bedrohung für die Höfe wurden. Im 17. Jahrhundert erließen die Landesherren Gesetze, die die Entnahme beschränkten. Das Gebiet der heutigen „Königstannen“ zwischen Hollage und Achmer wurde mit Kiefern auf geforstet, um die Sandverfrachtungen zu stoppen.

Plaggendüngung ist eine nordwestdeutsche Spezialität. Bis zur Einführung des Kunstdüngers um 1918 war sie das Mittel der Wahl, um arme Boden mit Nährstoffen anzureichern und sie damit ertragreicher zu machen.Jahr für Jahr wuchsen die geplaggten Felder (Plaggenesche) auf diese Weise in die Höhe, im Durchschnitt um einen Millimeter pro Jahr. In Wallenhorst lässt sich im Umfeld der Lechtinger Mühle die über Jahrhunderte währende kulturelle Veränderung des Bodens insbesondere an den „Eschkanten“ nachweisen.

„Nirgendwo auf der Welt war die Plaggenwirtschaft so ausgeprägt wie in Nordwestdeutschländ, und nirgendwo lassen sich die Spuren  dieser  Mensch und Landschaft prägenden Düngemethode bis heute so gut ablesen wie hier in Lechtingen“, sagt etwa der Wallenhorster Bodenkundler Professor Klaus Mueller. Zusammen mit weiteren Institutionen setzt er sich seit Jahren dafür ein, dass ein Plaggenwirtschafts-Museum an der Lechtinger Mühle mit einem Lehrpfad im Außengelände eingerichtet wird. Nicht nur der „Plaggenweg“ weist auf die über 1000 Jahre ausgeübte Bodenbewirtschaftungsform hin, auch „Eschweg“, „Heideweg“ und „Mühlenheide“ sagen etwas über die in früheren Jahrhunderter existenziell wichtigen Bodenqualitäten aus.

von Joachim Dierks

Quelle: NOZ vom 4.12.2015