Pyer Kirchweg verbindet, was 1972 getrennt wurde: Pye und Wallenhorst

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Für die Pyer Gemeindeglieder war es ein weiter Weg zur Alexanderkirche.  Foto: Dierks

Von den Hasewiesen zur Alexanderkirche

von Joachim Dierks

Wallenhorst
Der Pyer Kirchweg gehört mit 4,5 Kilometern zu den längsten Gemeindestraßen unserer Region. Etwa ein Viertel davon liegt allerdings nicht auf Wallenhorster Gemeindegebiet, sondern gehört zum Osnabrücker Stadtteil Pye. Wie der Fürstenauer Weg ist er eine interkommunale Verbindungsstraße, die auf beiden Seiten der Gemeindegrenze den gleichen Namen trägt.

„Interkommunal“ hört sich modern an, der Pyer Kirchweg ist es aber nicht. Er existiert schon viele Jahrhunderte als der Weg, den die Bewohner Pyes zur Alten Alexanderkirche nahmen. Sie gehörten nämlich, genau wie die Hollager, Lechtinger und Schleptruper, zum alten Kirchspiel Wallenhorst. Dass die Straße in ihrer Gesamtlänge den gleichen Namen trägt, ist ein Hinweis auf die althergebrachte gemeinsame Kirchspielzugehörigkeit, während die „künstliche“ Grenzziehung erst in neuester Zeit geschah. Bei historischen Grenzen wechselt in der Regel auch der Straßenname. Beispielsweise heißt die Verbindungsstraße nach Engter auf Wallenhorster Boden Engter Straße und hinter der Grenze Wallenhorster Straße.

Zur historischen Alexanderkirche Wallenhorst führten mehrere Kirchwege. Etwa der „Alte Barlager Kirchweg“, die heutige Hansastraße. Oder der „Schleptruper Kirchweg“, der heute zumindest noch als Wanderweg so bezeichnet wird. Zwei der alten Kirchwege haben mit ihren Namen überlebt und Eingang in das offizielle Straßenverzeichnis gefunden: der Lechtinger Kirchweg und der Pyer Kirchweg.

Der Pyer Kirchweg beginnt in Pye an der Abzweigung der Straße „To Pye“, die parallel zum Zweigkanal bzw. der Hase Richtung Eversburg führt. Hier im Südwesten von Pye wohnten in früheren Jahrhunderten die meisten Pyer auf den Höfen entlang der Hase und in den Heuerhäusern dieser Höfe. Es war ein weiter Weg von hier bis zur Kirche am nordöstlichen Rand des Kirchspiels.

An der Annakapelle

Nicht nur die viereinhalb Kilometer des heutigen Pyer Kirchwegs waren zu bewältigen, sondern auch noch der zusätzliche Kilometer über die heutige Franksmannstraße zur Alten Kirche. Dieser „Alte Pyer Kirchweg“ – so heißt ja sinnigerweise auch der östlichste Abschnitt – führte südlich an der Annakapelle vorbei. Bei der Neugestaltung des Kirchplatzes hat man den alten Weg südlich der Kapelle im Pflaster wieder sichtbar gemacht.

Beschwerlich war der lange Kirchweg vor allem an verregneten Sonntagen für die Bewohner der Heuerhäuser, die nicht über eine Kutsche und ein Pferdegespann verfügten. Besser hatten es da die am rechten Haseufer gelegenen Pyer Vollerbenhöfe Schöler, Becker, Offers, Drees, Gösling und Albers. Nicht nur, weil sie anspannen konnten, sondern auch, weil sie ehemals zum Kirchspiel Wersen gehörten und der Weg zur Wersener Kirche ungleich kürzer war. Ihre Orientierung nach dort hat vermutlich damit zu tun, dass sie einstmals Lehensempfänger des Grafen von Tecklenburg waren. Der Historiker Andreas Albers hat im Heimat-Jahrbuch 1992 die bunte Historie dieser sonderlichen Kirchenzugehörigkeit in den Wirren der Reformationszeit und des 30-jährigen Krieges detailliert beschrieben.

Nach der Gebietsreform 1972 wurde die Gemeinde Pye der Stadt Osnabrück zugeschlagen. Die Pyer Katholiken waren jedoch weiterhin Glieder der Wallenhorster Kirchengemeinde, bis sie 1976 ihre eigene Kirche St. Matthias bekamen. Die Bindungen zwischen Pye und Wallenhorst blieben auch danach eng. Der Heimatforscher Franz-Josef Hawighorst nennt dafür ein schönes Beispiel: Das Musikkorps Herold Pye, in dem Musiker aus Pye und den Wallenhorster Ortsteilen gemeinsam musizieren. Deswegen war es auch nicht ungewöhnlich, dass 1997 sowohl der Osnabrücker Oberbürgermeister als auch der Wallenhorster Bürgermeister dem Musikkorps Glückwünsche zum 75. Jubiläum überbrachten. Ihr Übungslokal haben die Herold-Musiker bezeichnenderweise im Gasthaus „In der Nassen Heide“ am Pyer Kirchweg. Wenn sie an besonderen Festtagen einen Gottesdienst in St. Alexander mitgestalten, dann ist für sie dieser Weg in der Tat auch noch der Kirchweg.

Quelle: NOZ vom 5.6.2015