Wo einst Panzer durch die Landschaft pflügten: Wersener Heide

Loading

Die schützende Hand der DBU liegt auf der Nationalen Naturerbefläche Wersener Heide, wie Bundesförster Rainer Schmidt erläutert. Foto: Joachim Dierks.

Radtour ins DBU-Protektorat

Von Joachim Dierks

Wallenhorst/Lotte. Verbotenes reizt. Einige der etwa 55 Teilnehmer der Fahrradtour verrieten, dass sie doch schon einmal in der Vergangenheit einen Fuß in das Sperrgebiet des Truppenübungsplatzes HalerFeld/Achmer gesetzt hätten, obwohl die Verbotsschilder vor tödlichen Gefahren warnen. Jetzt durften sie es ganz offiziell.

Denn die 18. Hollager Fahrradtour führte auf Einladung des Eigentümers, der DBU Naturerbe GmbH, in das verbotene Land. „Wenn Sie auf den Wegen bleiben, haben Sie die besten Überlebenschancen“, scherzte Bundesförster Rainer Schmidt, der im Dienste der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und der DBU die 1000 Hektar der Naturerbefläche Wersener Heide schützt und sich artenreich entwickeln lässt.

Tatsächlich hätten die britischen Soldaten, die bis 2012 hier geübt haben, nur mit Platzpatronen geschossen. Das Wegegebot gelte aber weiterhin, denn immer noch müsse mit Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg gerechnet werden. Schon aus Haftungsgründen bleibe das Betreten daher offiziell verboten. Jeder Landwirt, der im Aufrag der DBU Offenlandpflege betreibt und die Magerrasenflächen mäht, müsse zuvor einen Haftungsausschluss unterschreiben.

DBU schützt 70.000 Hektar   

Die Hollager Fahrradtour ist eine Traditionsveranstaltung, die auf die 750-Jahr-Feier im Jahr 2000 zurückgeht und seitdem in jedem Jahr unter Leitung des Historikers und Heimatfreundes Franz-Josef Landwehr Erkundungsfahrten zu Natur und Kultur in Hollage und den Nachbargemeinden zum Ziel hat. Diesmal Versicherte sich Landwehr des Beistandes von Werner Wahmhoff. Der ebenfalls in Hollage wohnende Professor der Agrarwissenschaften ist fachlicher Leiter der DBU Naturerbe GmbH.


DBU-Naturerbe-Prokurist Werner Wahmhoff erklärt die Vorzüge des Magerrasens.

Diese gemeinnützige Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat vom Bund 70 Liegenschaften des nationalen Naturerbes in zehn Bundesländern in der Gesamtgröße von 70 000 Hektar übertragen bekommen. Überwiegend handelt es sich um ehemalige militärische Übungsflächen, Bergbaufolgelandschaften und Streifen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, des „Grünen Bandes“. Die DBU Naturerbe GmbH verwaltet sie mit der Zweckbindung, Deutschlands Landschaftsvielfalt mit ihrem Reichtum an Tier- und Pflanzenarten zu bewahren.

Magerrasen und Bombentrichter

Erster Halt war an der lnformationstafel am Niederseester Weg. Hier gab Wahmhoff einen Überblick über die Naturerbefläche Wersener Heide, die sich zwischen dem Lotter Ortsteil Halen, dem Westerkappelner Ortsteil Seeste und dem niedersächsischen Bramsche-Achmer erstreckt. Im nördlichen Teil, dem Achmer Sand, überwiegen offene Magerrasen- und Heideflächen. Nach Süden folgen ausgedehnte Weidengebüsche und Sumpfwälder, die von wasserführenden Bombentrichtern durchsetzt sind – alles wichtige Lebensräume für gefährdete Arten. Im FFH-Gebiet „Vogelpohl“ – Heimat vieler Vogelarten, wie schon der Name verrät – gibt es ausgedehnte Grünlandkomplexe.  Im Süden schließen sich ausgedehnte Kiefernwälder und kleinflächige ältere Buchen- und Eichenbestände an.

Wie Lüneburger Heide? 

Auch der Naturschutz verfolgt „Entwicklungsziele“, wie der DBU-Agrarwissenschaftler Jörg Tillmann erklärte. So sollen „strukturarme“ Nadelholzbestände in Laubmischwälder umgewandelt werden, während man vorhandene Laubwälder nicht anfasst und sich selbst überlässt. Das „bunte Durcheinander“ von offenen und halboffenen Landschaften, wie es typischerweise durchpflügende Panzer hinterlassen, wird durch ein- oder zweimalige Mahd im Jahr oder extensive Beweidung vor der Verbuschung bewahrt, was der Artenvielfalt nutzt.

„Jetzt fehlt nur noch der Schäfer und seine Schafherde, dann ist es hier so schön wie in der Lüneburger Heide“, meinte ein Mitradler an einem Haltepunkt mitten in der Heide. Tillmann gab ihm Recht: „Wenn wir einen passenden Schäfer finden, ist das durchaus denkbar, dann können wir die mechanische Pflege zurücknehmen“, meinte er.

Quelle: NOZ v. 26.08.2018