Die Bilder entstanden in den Köpfen der Zuhörer

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„Der Vorttag gestern war sehr gut. Ich habe selten in 2 Stunden so viele Informationen bekommen, bei denen ich aufmerksam zuhören konnte.“  Das lese ich früh morgens in einer WhatsApp-Nachricht meines Nachbarn. Zusammen mit gut 30 weiteren interessierten Zuhörer/innen besuchten wir den Vortrag von Franz-Joseph Hawighorst im Heimathaus Hollager Hof.  Dabei ging es um den Kirchenbau St. Josef Hollage vor 100 Jahren und um das damalige gesellschaftliche Umfeld.

Wir erlebten einen lebendigen Vortrag ohne Medieneinsatz, dafür aufgebaut wie eine Erzählung aus vergangenen Hollager Tagen vor über 100 Jahren. 

Es begann Ende des 19. Jahrhunderts mit den Kirchwegen, die alle nach Wallenhorst führten. Über viele Jahre ging es zur Alten Alexanderkirche und ab 1881 zum dortigen Neubau. Den längsten Weg hatten die Barlager Bauern, da sie nicht durch das damalige Moor (heute die Hansastraße) gehen konnten, sondern über Fiestel gehen mussten. Deshalb wurden für den Hin- und Rückweg schon mal 3 Stunden eingeplant und die Wallenhorster Kirche war damals immer brechend voll, was nicht selten Stehplätze für die Hollager Seelen bedeutete. 

Etwa in dieser Zeit reifte der Plan für einen Kirchenbau in Hollage, der aber erst 1921 mit der Gründung des Kichenbauvereins Gestalt annahm. Obwohl der erste Weltkrieg erst 2 Jahre vorbei war, hohe Reparationsleistungen an die Siegermächte zu erbringen waren und die Inflation Fahrt aufnahm, entschieden sich die Hollager Bürger für einen „schlichten“ Kirchenneubau und setzten den Plan innerhalb von 12 Monaten in die Tat um. Ein Grundstück stellte Bauer Wulftange zur Verfügung. Mit mühsam eingeworbenen Spendengeldern aus dem gesamten Landkreis, ganz viel Eigenleistungen der Hollager gegen Gotteslohn und engagierten Entscheidern vor Ort war dieser Kraftakt realisiert worden. So etwas wäre heute nicht mehr möglich, weil allein die Gutachten für eine Machbarkeitsstudie Jahre auf sich warten ließen.

Franz-Joseph Hawighorst schöpfte aus dem Fundus historischer Quellen sowie Berichten von mittlerweile verstorbenen Zeitzeugen und unterlegte seine Ausführungen mit interessanten Daten und Fakten. So gab es einen Notfallplan. Im Falle, dass die Spendengelder nicht gereicht hätten, wäre der Kirchturm nur zur Hälfte hochgemauert worden. Zum Glück trat dieser Fall nicht ein.

Interessant ist auch, dass die neue Kirche erst 8 Jahre nach ihrer Weihe eine Heizung bekam, weil das Geld zunächst nach und nach für wichtigere Dinge ausgegeben wurde, z.B. für Kirchenbänke, den Altar und einen Beichtstuhl, die am Anfang z.T. Leihgaben der Alexandergemeinde waren. Aus Sparsamkeit musste damals folglich keine Heizung gedrosselt werden, es gab einfach keine. 

Seinen Vortrag rundete der Referent mit einem Blick auf die Entwicklung der dörflichen Struktur Hollages ab. Nach der Aufteilung und dem Verkauf des größten der Fiesteler Höfe, dem Hof Witte, siedelten sich erste Handwerker, Schneider, Schuster und eine Tischlerei an. Schuster Barlag erwarb eine Schanklizenz und legte damit den Grundstein für den Gasthof gegenüber der Kirche. In dem später errichteten Saal hatte die „Lichtenbäumersche Laienspielgruppe“ ihre weit über Hollage hinaus beachteten Auftritte.

Damals trafen sich alle Hollager einmal in der Woche im Dorfzentrum zum sonntäglichen Kirchgang mit allen kommunikativen Nebeneffekten. Zumindest die Männer hatten anschließend beim Bier Wichtiges zu besprechen.