Ein Drei-Generationen-Projekt ist die Pflege des Plattdeutschen im Heimathaus Hollager Hof. Anni Pott, Ole Sandmann, Rudi Müller und Erna Richter (von links) begrüßen die Gäste mit „dat Heimathus-Leed“. Foto: Joachim Dierks
„Nord un Süd, de Welt is wiet, Ost un West, to Hus is best.“ Auf diese Erkenntnis laufen die meisten Reiseschilderungen hinaus, die die unerfahrenen Töffels vom Lande nach glücklicher Heimkehr aufgeschrieben haben. Oder, besser gesagt, die die Mundartdichter ihnen in den Mund gelegt haben. Köstliche Rückblicke in die Zeiten, als die Unterschiede und Erfahrungshorizonte zwischen Stadt und Land noch sehr viel größer waren als heute, lieferten „de Plattdütsken van’n Holger Hoff“ ein weiteres Mal bei ihrem alljährlichen Vortragsabend im Heimathaus Hollager Hof.
Ein Jahr lang hatte die Plattdeutsche Gruppe sich wieder fleißig umgetan, um plattdeutsche Texte auszuwählen, teils in das hiesige Platt umzuschreiben oder gar selber zu verfassen und daraus ein rundes Programm zu stricken. Der erste Teil stand unter dem Motto „Wenn eener eene Reese döit“ (Wenn einer eine Reise tut). Er enthielt einen bunten Strauß lustiger Geschichten, die „Heinrich und Rosi“, „unser Omma“, „Nauber Franz“ und anderen Protagonisten in der Fremde zustoßen.
Neue Ansagerin
Da beschwert sich Heinrich im großen Hotel: „Halt stop, blauts weil wi van’t Land kuomt, krieget wi dütt lüttke Zimmer?“ Der Portier beruhigt: „Man sachte, wir sind doch erst im Fahrstuhl.“ Weiter geht’s beim Abendessen mit Schnecken, Krabben und Austern. Heinrich meckert, dass er und seine Rosi nicht so weit gereist seien, um dem Hotelier „dat Untüch wegtofriäten“ (das Ungeziefer). So bestellen sich die beiden lieber einen Strammen Max „met twee Speegelegger för jeden drup.“
Siebzehnmal lagen die Zwischenmoderationen in Leni Dierkers bewährten Händen. Zur 18. Auflage des Plattdeutschen Abends hatte sie nun diese Rolle abgegeben an Erna Richter. Die gestand, dass sie erst Bammel gehabt habe, „dat se nu alle weglopen“, wenn nicht wie gewohnt Leni Dierker vorne stehe. Aber das tat das Publikum nicht, sondern begrüßte die „niege Anseggerin“ mit besonders herzlichem Applaus.
Die Gäste im wieder einmal bis auf den letzten Platz ausverkauften Heimathaus waren nicht nur zum „Toulustern“ (Zuhören) gekommen, sondern durften auch „all tohaupe“ (alle zusammen) mitsingen. So stimmte Hubert Hagedorn auf dem „Trekkebüdel“ (Ziehharmonika) etwa das Lied „Up de Nordwest-Iesenbahne“ an, eine Adaption der „Schwäb’sche Eisebahne“, die er auf Platt und die Stationen Halen, Braumske, Hiesepe, Alfhusen und so weiter umgetextet hatte.
Das Besondere an der Hollager Plattdeutsch-Gruppe ist, dass sie drei Generationen an Mitwirkenden umfasst und sich so um ihr Fortbestehen keine Sorgen machen muss. Ole Sandmann war zum vierten Mal dabei, er ist mit seinen zehn Jahren bereits ein alter Bühnenhase, der schon fast kein Höckerchen mehr braucht, um über das Rednerpult hinwegzugucken. Oder Jonas Sandmann, 19 Jahre, elfter Auftritt. Markus Bockholt und Sophia Wulftange ergänzten die Riege der kräftig beklatschten Jugendlichen in der Bütt.
Aber auch die älteren „Plattdütsken van’n Holger Hoff“ Anni Pott, Agnes Kohstall, Josef Kolde, Dieter Hübner, Rudi Müller, Christian Sandmann, Siegfried Wulftange und Anni Tepe landeten mit ihren schwungvoll vorgetragenen Geschichten zahlreiche Volltreffer bei den „Touhörers“.. (NOZ vom 12.11.2013)