Neujahrsempfang 2006: Festvortrag über das Niederdeutsche Hallenhaus im Wandel der Zeit

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Auf das Jubiläum des Hollager Hofes stießen (von links) Ernst-Helmut Segschneider, Hermann Brand, Ulrich Belde, Josef Pott und Ratsherr Hubert Bartke an.                                     Foto: Ursula Holtgrewe

Neujahrsempfang mit Festvortrag von Dr. Ernst-Helmut Segschneider.

Rund 70 Gäste aus Kirche und Politik, Vereinen und Verbänden, Förderer, Aktive und Freunde waren der Einladung von Josef Pott zum Auftakt des Jubiläumsjahres „350 Jahre Hollager Hof“ gefolgt. Die Begrüßung verband der Vorsitzende mit einem kurzen Blick über die „neue“ Geschichte des ehemaligen Heuerhauses vom Hof Gers-Barlag. Vom Abbau 1971 durch die Fachhochschule, dem unerklärlichen „Schwund“ des eingelagerten Holzes, insbesondere des Eingangsbalkens vom Lechtinger Bauhof samt Ersatzbeschaffung vom Hof Thumann aus Badbergen bis zum Wiederaufbau durch Zimmermeister Wille unter Leitung von Architekt Krabbe zu Beginn der neunziger Jahre. Und dass der „Hollager Hof“ seinen Beitrag zum Kulturleben der Gemeinde ohne Zuschüsse leiste.

In seinem Grußwort nannte Bürgermeister Belde 230 eingetragene Vereinsmitglieder eine „imposante Zahl“ und dankte dem Vorstand für unmittelbar „erfahrbar gemachte Geschichte“, die sich wohltuend von dem medialen „Geschichtskonsum“ abhebe. Ein Tenor, dem sich auch der stellvertr. Vorsitzende des Heimatbundes Osnabrück- Land, Fisse, anschloß: Dieses Engagement „ist nicht überall so“.

Dr. Segschneider beschrieb den „Hollager Hof“ als typischen Vertreter des seit über 2000 Jahren im gesamten nordwestdeutschen Raum bis nach Ostpreußen verbreiteten Hallenhauses in Zweiständerbauweise. Im Gegensatz zum weniger gebauten Vierständerhaus wird hier das gesamte Dach von der Innenkonstruktion getragen. Dabei zeichnete sich dieser dreischiffige Gebäudetyp durch eine gute Funktionalität aus. Viehstallungen auf beiden Seiten der Diele einschließlich Knechte- /Mägdekammern über den Tieren, das Flett mit Feuerstelle für das tägliche Leben und Arbeiten wie kochen, essen, buttern, weben, spinnen usw., im hinteren Teil die Wohnstube mit beidseitigen Schlafkammern und über allem der Dachboden zur Unterbringung von Heu und Stroh für den Winter.

Etwaigen Zweifeln am tatsächlichen Alter des Hauses begegnete der Referent zum einen mit dem Hinweis, dass die mächtigen Dielenständer auf Bäume schließen lassen, die es wohl noch im 17.Jh., später aber nicht mehr gegeben habe und eine dendrologische Untersuchung des Holzes das Einschlagdatum gesichert vor 1656 datiere. Ausstattungsgegenstände wie Kaminzug und insbesondere die vor der Demontage des Hauses noch vorhandene Trennwand zwischen Diele und Flett ließen keinen Rückschluß auf das Alter zu, da diese Modernisierungen des 19.Jh. seien. Als „Zeichen der christlichen Ökumene“ wertete er den Ersatz des original Eingangsbalken samt Inschrift. Dieser aus dem protestantischen Badbergen stammende Balken weise auf eine Volksfrömmigkeit, wie sie für die Zeit unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg typisch gewesen sei.

Abschließend dankte Josef Pott dem Referenten für den interessanten Vortrag und lud die Gäste zum geselligen Verweilen im historischen Ambiente. Bei Käsehäppchen und einem Glaserl Wein nutzten diese gern die Gelegenheit zu regem Gedankenaustausch. Mit besten Wünschen für ein gutes Gelingen der Jubiläumsfeier im Juni verabschiedete man sich am späten Abend.

NOZ v. 27.01.2006