Backhaus, Bienen, Holsken und Andalusier

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Der ehemalige Bauernhof Lindemann in Gersten liegt ziemlich zentral im Ort. Als unser Hollager Bus in der Hofeinfahrt hält und seine 25 Insassen frei gibt, werden wir vom Vorsitzenden des Gerstener Heimat- und Traditionsvereins, Werner Kuper vor dem Eingang zum Backhaus herzlich begrüßt. Kuper erzählt, dass der heruntergewirtschaftete Hof seinerzeit von der Gemeinde übernommen wurde und heute neben einem Restaurant und der Feuerwehr auch den Heimatverein beherbergt. Der hat neben dem Backhaus auch eine Scheune gebaut und einen Festplatz angelegt. 110 Mitglieder hat der Verein, aber nur gut 10 sind wirklich aktiv und umtriebig.

Im Backhaus bestaunen wir den riesigen Backofen in dem schon unser Mittagessen brutzelt. Den hat Werner Kuper nach ausgiebigen Recherchen bei anderen Vereinen selbst auf gemauert und die rußgeschwärzte Front verrät vielfältige Aktivitäten. Zum Beispiel backen die Kinder aus dem benachbarten Kinderhort hier Brot und die Jäger auch schon mal ein wildes Schwein.

Die Führung geht weiter durch den gepflegten und gut bewässerten Bauerngarten mit vielen Blumen, Beerensträuchern und Gemüsebeeten, den eine ehrenamtliche Frauengruppe betreut. Hier pflanzen auch die Kinder des besagten Horts mal was mit an, und…  so Kuper, was sie selbst gepflanzt haben, treten sie später nicht kaputt.

Wir betreten die Scheune, deren Dachbalken von der Spendenfreudigkeit der Gerstener zeugen. Hier können wir allerlei Gegenstände und Werkzeuge des bäuerlichen Lebens und eine Holzschuhwerkstatt besichtigen. Zu allem weiß Werner Kuper etwas zu berichten und er hat oftmals die Lacher auf seiner Seite.

Mit seinem Vorsitzenden hat der Gerstener Traditionsverein auch einen versierten Geflügelzüchter an Bord, der mit seinen Andalusischen Hühnern immerhin schon einen deutschen Meistertitel errungen hat. Wir erfahren auch, dass es im Kindergarten eine vereinseigene Brutmaschine gibt, die von den Kindern mit Eiern vom Hof Lindemann gefüllt wird und somit das Erleben „vom Ei bis zum fertigen Küken“ für die nachwachsende Generation ermöglicht.

Da steckt eine Menge Aufwand für die Nachwuchsarbeit drin, aber leider zahlt die sich nicht wirklich aus. Ein Youngster hat den Weg vom Kinderhort in den Verein bisher gefunden, erzählt Kuper. Wie bei vielen anderen Vereinen auch, „leiden“ die Mitgliederstärken hier ebenso an Überalterung.

Vom Bienenstand am Rande des Festplatzes haben wir uns mehr erhofft, weil auch wir in Hollage etwas ähnliches machen wollen. Der Stand ist offensichtlich falsch proportioniert und deshalb im Nachbau nicht zu empfehlen und Bienen erfordern wohl doch mehr Aufwand als gedacht, weshalb mittlerweile ein Imker die Betreuung übernommen hat.

Es folgt ein Besuch in der benachbarten Kirche, die auf einem vom Hof Lindemann gestifteten Grundstück steht. Interessant auch, dass der damalige Bauer und Schankwirt darauf bestand, dass eine Kirchentür direkt zu seiner Gastwirtschaft führte. Überliefert ist die Aussage: Der Andrang in der Kirche war Sonntags so gewaltig, dass die letzten an Lindemanns Theke stehen mussten. Heute kaum mehr vorstellbar.

Wir verlassen das modern gestaltete helle Gotteshaus mit den Patchwork-Wandbildern im Altarraum und nähern uns dem Backhaus. Dort empfängt uns ein verheißungsvoller Duft gebackenen Schinkens. An den schon gedeckten Tischen serviert uns Werner Kuper und sein eingespieltes Team frisch aufgeschnittenen Backschinken aus dem Ofen mit Kartoffelpüree und Sauerkraut. Sehr lecker… es folgen mal wieder Heldentaten mit Messer und Gabel bis zum Abwinken. Zu spät abgewinkt, es gibt noch Eis…  bis der Arzt kommt.

Wir bedanken uns nach dem Schmaus beim Vorsitzenden Werner Kuper und seinen Aktivisten für den informativen Rundgang und das Essen und laden zum Kaffeebesuch nach Hollage ein.

Auf der Rückfahrt im Bus kann der Chronist aus den Augenwinkeln zumindest eine Mitreisende im Suppenkoma erkennen.