Rätsel um Ursprung des Straßennamens „Mühlenheide“

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Wallenhorst
Ohne Mühlen lässt sich das Nahrungsmittel Nummer eins, das Brotgetreide, für die menschliche Ernährung nicht nutzbar machen. Heute verarbeiten große Industriemühlen gewaltige Mengen an wenigen Standorten und treten in der öffentlichen Wahrnehmung kaum in Erscheinung. Früher war das anders. Gemahlen wurde dezentral und lokal. Welch große Bedeutung die Mühlen in früheren Jahrhunderten für dörfliche Gemeinschaften besaßen, kann man daran ablesen, wie viele Straßennamen sie zum Gegenstand haben. In Wallenhorst sind es vier: in Hollage der Mühlenkamp und Am Mühlenbach, in Lechtingen Mühlenstraße und Mühlenheide.

Bei der Lechtinger Mühlenstraße ist die Benennung sofort nachvollziehbar: Sie führt direkt an der prächtigen Windmühle vorbei. Östlich an die Mühlenstraße schließt sich die Mühlenheide an. Nimmt auch sie auf die Windmühle Bezug? „Nein“, sagt dazu der Historiker Franz-Josef Hawighorst, „das kann schon deshalb nicht sein, weil Pagenstecher die Windmühle erst 1887 erbauen ließ, die Flurbezeichnung Mühlenheide aber bereits in der sehr viel früheren Kartierung des Landvermessers du Plat auftaucht.“ Der kurhannoversche Kartograf Johann Wilhelm du Plat hatte das Hochstift Osnabrück zwischen 1784 und 1790 vermessen und dabei auch alle Flurnamen aufgezeichnet, die ihm von den Bewohnern aus alter Überlieferung genannt wurden.

Der Flurname Mühlenheide ist ein recht sicherer Hinweis darauf, dass in früheren Zeiten hier eine Mühle gestanden hat. Urkundlich ist jedoch nicht nachweisbar, wo genau ihr Standort war, wer sie wann erbaute und betrieb. Eine Windmühle scheidet nach Ansicht von Hawighorst für das Niederungsgebiet östlich der höher gelegenen Eschflächen aus. Alles spricht für eine Wassermühle. Seit je her schlängelt sich der Lechtinger Bach durch die Niederung, um sich südlich des Klosters Rulle mit der Ruller Flut zur Nette zu vereinigen. Heimatforscher Kurt Jünemann vermutete in einem Aufsatz aus dem Jahr 1987, dass die Mühle von den Zisterzienserinnen erbaut wurde. Dafür spricht, dass angrenzend an die Mühlenheide bis zum Lechtinger Bach das Kloster über Besitz verfügte. Das Kloster Rulle war ohnehin größter Mühlenbesitzer nördlich von Osnabrück. Es verfügte über zwei Mühlen in Garthausen im Nettetal, die 1253 erstmals urkundlich erwähnt werden, und auch über die Haster Mühle und die Niedermühle in Haste, die schon 1230 in den Urkunden auftauchen.

Eine Mühle am Lechtinger Bach ist jedoch in der gut dokumentierten Klostergeschichte nirgendwo erwähnt. Wahrscheinlicher ist es daher, so Hawighorst, dass die Wassermühle bereits vor der Umsiedlung des Klosters von Haste nach Rulle im Jahr 1247 existierte. Vor den Ordensfrauen gehörte das Land am Lechtinger Bach zum Meierhof Rulle, dessen Grundherr der Graf von Tecklenburg war. „Es wäre nicht abwegig, anzunehmen, dass hier der Meierhof zu Rulle über eine Wassermühle verfügte“, schreibt Hawighorst. Sie dürfte nicht besonders wirtschaftlich gewesen sein, meint er, ihr werde in trockenen Jahreszeiten das Wasser gefehlt haben. „Daher war sie wohl auch nicht langlebig und hat der Nachwelt nur den Namen Mühlenheide für die Nachbarfläche hinterlassen.“

von Joachim Dierks

Quelle: NOZ vom 20.8.2015