Der Piesberg gab Wallenhorst Arbeit und Brot

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Zahlreiche Straßennamen verweisen auf Bergbau und Steinbruch-Betrieb

Wallenhorst
Im 19. Jahrhundert war der Piesberg der mit Abstand größte Arbeitgeber für die Menschen in Lechtingen, Hollage und Pye, zeitweise sogar der einzige außerhalb der Landwirtschaft. Es verwundert daher nicht, dass der Wirtschaftsfaktor Bergbau auch bei den Straßennamen in Wallenhorst seinen Niederschlag gefunden hat.

In Lechtingen treffen wir in einem älteren Baugebiet unterhalb des Piesbergs auf Grubenweg und Stollenweg. Im neueren Baugebiet „Hofstelle Piesberg“ sind es Bergmannstraße, Steigerstraße, Glückauf-Straße, Berggarten, Im Berge und An der Halde. Im südöstlichen Hollager Ortsteil Nasse Heide erinnern Piesberger Straße und Stüvestraße an den Bergbau.

Bergbau größte Einnahmequelle

Die Stüvestraße läuft direkt auf den Stüveschacht zu. Der hat seinen Namen nach dem Osnabrücker Bürgermeister Johann Carl Bertram Stüve (1798 bis 1872) erhalten. Die 1873 beginnende Abteufung des Schachts hat er folglich nicht mehr erlebt. Aber in seinen beiden Amtszeiten als Osnabrücker Bürgermeister (1833 – 1848 und 1852 – 1864) war er sozusagen oberster Chef des von der Stadt betriebenen Bergwerks und förderte es nach Kräften. Das ist wenig verwunderlich, da der Bergbau zeitweise die größte Einnahmequelle der Stadt darstellte.

Kohlbrecher weit verbreiteter Name

Aus der Berufsbezeichnung „Kohlenbrecher“ entstand der um 1600 ersterwähnte Familienname „Ko(h)lbrecher“, der bis heute in Wallenhorst und Pye weit verbreitet ist. Im 19. Jahrhundert waren es insbesondere Heuerleute und Neubauern, die im Berg Arbeit fanden. 1866 sind in Pye und Hollage 123 Heuerlings-, Neubauern- und Kötter-Familien verzeichnet. Abgesehen von wenigen Heuerleuten aus der Barlage arbeiteten alle im Piesberg. Den mehr als hundert Bergmannsfamilien standen nur 34 Bauernfamilien gegenüber. Weiterlesen: Rundweg am Piesberg soll erweitert werden.

Professionelle Bergleute nach Wallenhorst

Jedenfalls im Winter. Im Sommer haperte es an der Arbeitskontinuität der „Bergmannsfamilien“, weil sie in der Landwirtschaft ihres Bauern arbeiten mussten und ihre eigene kleine Kötterei zu besorgen hatten. Das war einer der Gründe, warum sich die Stadt als Eigentümerin des Bergwerks um den Zuzug von erfahrenen „professionellen“ Bergleuten aus Kohlerevieren in anderen deutschen Landen wie etwa dem Harz bemühte. Der Magistrat erwarb zu diesem Zweck Baugrundstücke in den Randgemeinden des Piesbergs.

So entstand neben der 54 Hektar großen Bergmannssiedlung Eversheide (im heutigen Stadtteil Eversburg) eine 27,6 Hektar große Siedlungsfläche in der Nassen Heide in Hollage-Ost. Zwischen 1868 und 1874 wurden von der Bergwerksverwaltung 131 Häuser für rund 260 Familien errichtet, 116 in der Eversheide und 15 in der Nassen Heide.

Bis zu drei Kühe pro Familie

Die Häuser hatten landwirtschaftlichen Charakter. Die Bergleute konnten Vieh halten und auch noch Land hinzupachten. Gartenbau und Viehhaltung sollten die wirtschaftliche Existenz der Familien auf eine breitere Grundlage stellen. Bis zu drei Kühen pro Familie waren nicht untypisch. Im Jahr 1886 waren bei der eigens für die Bergleute eingerichteten Kuhversicherungskasse 700 Kühe im Gesamtwert von 120000 Mark versichert.

1500 Arbeiter am Ende des 19. Jahrhunderts

1896 standen 1500 Arbeiter in den Lohnlisten der Abteilung Piesberg des Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenvereins (GMBHV), der 1889 Eigentümer geworden war, nachdem die Stadt aufgrund der großen Wasserhaltungsprobleme die Freude am Piesberg verloren hatte. Der GMBHV wollte die Energiebasis für seine Stahlwerke sichern und investierte unter anderem in die Einrichtung einer zweiten Tiefbausohle im Stüveschacht. 1894 wurde mit 400 Tonnen ein Spitzenwert in der Tagesfördermenge erreicht. Doch die ungünstigen Wasserverhältnisse blieben auch für den neuen Eigentümer ein teures Problem.

Monatelanger Streik

Als dann auch noch die katholischen Bergleute mit Unterstützung des Bischofs in einen monatelangen Streik um die Anerkennung von sieben katholischen Feiertagen traten, reichte es dem GMBHV. Am 8. Juni 1898 legte er den Kohlebergbau still. Es kam einer wirtschaftlichen Katastrophe für das Kirchspiel Wallenhorst gleich, als auf einen Schlag 1000 Bergleute ihre Arbeit verloren. Nur ein Viertel von ihnen konnte im Steinbruch weiterbeschäftigt werden.

von Joachim Dierks

Quelle: NOZ vom 28.8.2015