von Joachim Dierks
Ein Pfarrer in schweren Zeiten
jod WALLENHORST
Noch fast im Schatten des Alexander-Kirchturms gelegen, gibt es zwischen Pyer Kirchweg und Schneidling in Alt-Wallenhorst zwei kurze Verbindungsstraßen, die beide nach ehemaligen Pastoren benannt sind: Zerhusenstraße und Alfersstraße. Letztere erinnert an Pfarrer Hermann Alfers, der 1959 nach 30-jähriger Amtszeit in Wallenhorst verstarb und der älteren Gemeindegliedern noch in guter Erinnerung ist. Seit Anbeginn der Aufzeichnungen über die Dienstjahre der Wallenhorster Geistlichen im Jahr 1624 ist keiner darunter, der auf eine so lange Amtszeit kam wie er.
Hermann Alfers wurde am 13. März 1879 in Steinbild/Ems geboren. Er besuchte das Gymnasium Meppen. Nach dem Abitur 1901 studierte er Theologie in Münster. Bischof Hubertus Voß weihte ihn 1905 zum Priester. Es folgten Jahre als Adjunkt und Vikar in Lingen, in der Domgemeinde zu Osnabrück und in Ankum, bis er 1929 als Nachfolger Zerhusens die Pfarrstelle in Wallenhorst übernahm.
In den 30 Jahren seiner Amtszeit musste Pfarrer Alfers die Gemeinde durch die schweren Zeiten des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegsnot führen. In den Gemeinden nördlich von Osnabrück fand der Nationalsozialismus nicht den Zulauf, den sich die NSDAP wünschte.
Dies ist ablesbar an den Ergebnissen der Volksbefragung vom 19.8.1934, mit der sich Adolf Hitler im Amt des „Führers“ nach dem Tode des
Reichspräsidenten Hindenburg bestätigen ließ. In Hollage überwogen die Nein-Stimmen, in Wallenhorst stimmten immerhin 44,9% mit Nein. Für den Historiker Franz-Joseph Hawighorst besteht kein Zweifel daran, dass das Wählerverhalten sehr stark von der kritischen Haltung des Pfarrers vor Ort geprägt war. Pfarrer Alfers darf wie seine Amtsbrüder Aloys Boecker in Hollage und Wilhelm Gertken in Rulle als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus gelten.
In der Festschrift „100 Jahre Neue St.-Alexander-Kirche“ schreibt Autor Georg Hemme, dass Pfarrer Alfers in der NS-Zeit nur wenige Aufzeichnungen über das Geschehen in der Gemeinde an gefertigt hat, um regimekritische Gemeindemitglieder und sich selbst nicht zu gefährden. Allzu oft waren gerade Pfarrhäuser den Durchsuchungen der Gestapo ausgesetzt. Das kirchliche Leben war durch die Auflösung aller kirchlichen Vereine wie etwa Kolping, durch das Verbot von Wallfahrten und Prozessionen erheblich eingeschränkt. Alfers habe es aber verstanden, schreibt Hemme, mit den wenigen ihm verbliebenen Möglichkeiten einer drohenden religiösen Verflachung zu begegnen. Immer wieder lud er die Gläubigen zu Gottesdienst und Betstunden, zu Exerzitien und Einkehrtagen ein.
Zu Alfers‘ großen Verdiensten gehört der Aufbau der Schwesternstation 1936, aus der das heutige Altenwohn- und Pflegeheim St. Josef erwachsen ist. Die Kirche lag ihm nicht nur als Gemeinschaft der Gläubigen, sondern auch als Bauwerk sehr am Herzen. Zweimal ließ er die Kirche neu ausmalen, 1934 und 1959. Die Kirchenfenster mit den Darstellungen der „Acht Seligkeiten“ nach dem Entwurf von Theo Landmann gab er in Auftrag. Unter seiner Regie wurden die neuen Stahlglocken angeschafft, Fußboden und Beleuchtung erneuert und der Turm statisch saniert.
Noch bevor die Ausmalungsarbeiten 1959 vollendet waren, starb Hermann Alfers frühmorgens am 25. Januar, einem Sonntag, im Pfarrhaus zu Wallenhorst. Die Totenglocke, die er 1954 angeschafft hatte, kündete wenige Stunden später mit der Einladung zur Messe von seinem Ableben.
Quelle: NOZ vom 22.5.2015