In Holsken zu Fuß zur Schule

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Zeitzeugen erinnern sich an Unterricht in früheren Zeiten

Von Joachim Dierks
WALLENHORST
Was in Osnabrück funktioniert, das müsste doch eigentlich auch in Hollage klappen, sagte sich die Kunsthistorikerin Antje Naujock. Sie betreut im Kulturgeschichtlichen Museum in Osnabrück den Arbeitskreis Zeitgeschichte, in dem Zeitzeugen sich über die Kriegs- und Nachkriegszeit austauschen. Mit organisatorischer Unterstützung der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) rief sie jetzt zum zweiten Mal Hollager Interessierte zu einem ähnlichen Zweck zusammen.

Rund 20 Zeitzeugen fanden sich an der gedeckten Kaffeetafel im Hollager Hof ein. Es gab Pott-Kuchen. Nicht etwa, weil der anwesende Hausherr, der Heimathausvereins-Vorsitzende Josef Pott, das so verordnet hatte, sondern „weil ein einfacher Topfkuchen besser zu der Zeit passt, über die wir ins Gespräch kommen wollen, als eine Sahnecremetorte“, fand Naujock.

Bei der ersten Sitzung im vergangenen Oktober war es um „Das alltägliche Leben – Brauchtum und Traditionen“ gegangen. Diesmal stand „Meine Schulzeit“ oder, wer es lieber plattdeutsch mochte,  „miene Schoultiet“  auf dem Programm. Zunächst wurde die chronologische Abfolge der verschiedenen Schulstandorte geklärt – der allererste in der Barlage, der nächste: Remmen Spieker in Fiestel, dann an der Hollager Straße gegenüber Strößner, dann 1936 die sogenannte neue Schule, die später die Orientierungsstufe wurde, und schließlich ab 1971 der heutige Neubau der Erich-Kästner-Schule.

„Wie kamen Sie zur Schule?“, fragte Naujock, „der Schulbus fuhr ja wahrscheinlich noch nicht?“ Antwort: „In Holzschuhen und im Sommer oft auch barfuß, drei Kilometer zu Fuß waren doch gar nichts.“ Jeder Morgen begann mit einer Messe in der Kirche. Dabei mussten die „Holsken“ vorne im Turm abgestellt werden, und auf Strümpfen ging es in den Kirchraum. In der ersten Schulstunde war meistens Religion, „immer abwechselnd Bibel oder Katechismus“. Wer in Religion eine Eins haben wollte, musste sich melden und den Katechismus auswendig herunterbeten.

Sport: Unkraut jäten


In der Sportstunde ging es oft in den Lehrergarten zum Unkrautjäten. Oder hoch zum Sportplatz. Da spielte dann Hollager Straße rechte Straßenseite gegen die linke. Natürlich in Holzschuhen. Wenn es zum Ende der Stunde unentschieden stand, wurde der Sportunterricht solange verlängert, bis ein Tor fiel. Da ein Lehrer sämtliche Fächer unterrichtete, kam es nicht so genau drauf an.

Wenn es im Winter geschneit hatte, wurde das abfallende Gelände von der „Neuen Schule“ hinunter zur Hollager Straße als Rodelstrecke genutzt, wie Gerd Kock sich erinnert. Über die Straße hinweg bis in Strößners Garten, denn „auf der Straße war ja kein Verkehr“. Maria Barz, wie Antje Naujock zertifizierte Gästeführerin der Gemeinde, schrieb all die kleinen Anekdoten eifrig mit, denn: „Das muss doch festgehalten werden!“

Quelle: NOZ vom 22.1.2011