„Unangenehm riechender Wald“ — Der Versuch einer Deutung
Ein Ortsteil von Hollage ist Fiestel, ungefähr im Mittelpunkt der Bauerschaft gelegen. 1182 wird ein Geschlecht Vislo unter den Osnabrücker Ministerialen erwähnt. Die älteren Ortsnamenbelege bringen die Lautformen Vysle, Vrislo (mittelalterliche Lehnbücher der Bischöfe von Osnabrück zu 1350 ff.),ferner 1402—04 Ghislo vielleicht liegt hier eine Namenkreuzung mit dem Frauennamen Gisle (= Gisela) von Rulle vor, die zusammen mit ihrem Gatten Wescel von Rulle 1404 für arme Leute eine Herberge in ihrem Haus an der Heger Straße stiften), 1424—37 erscheint wieder die Namensform Vyssle usw. Er bereitet der Deutung Schwierigkeiten, da wir die Voraussetzungen seines Aufkommens nicht mehr beurteilen können. In wortgeschichtlicher Hinsicht gehört dieser Name wahrscheinlich in mittelniederdeutsch tust „crepitus entris“, mnd. visthus = „Abtritt“. Die zweite Silbe „le“ bildet das Grundwort und ist aus älterem loh = „Wald“, Hain“ verkürzt worden.
Demnach könnte man Vislo (Fiestel) übersetzen als „unangenehm riechender Wald“. Man möchte daran denken, dass sich diese Benennung auf einen Ort bezieht, wo der Abdecker, dessen Gewerbe an sich schon anrüchig war, seinen Beruf ausübte. Aber wir kennen, das Alter dieses Gewerbes nicht, besitzen also keine sicheren Grundlagen, um hier einwandfrei einen Zusammenhang feststellen zu können. H. Jellinghaus nennt in seinen „Westfälischen Ortsnamen“ (1923) Viesle = „Fiestel“ unter der Gruppe von „Namen mit für sich stehenden, meist unerklärbaren Grundwörtern“ und verweist auf fiseln = „fein regnen, dünn fließen“. Aber dies verhilft nicht zu einer Deutung, da „fiseln“ in der Bedeutung „fein regnen“ eine sehr junge Bedeutungsentwicklung aus „blasen“ zu sein scheint (vgl. dänisch: fisle, norwegisch fisla = „schmunzeln, schwatzen, faseln“). Hinzu kommt, dass „fein regnen“ auch wohl ein zu unbeständiges Etwas ist, als dass es zur Bildung von Ortsbenennungen hätte führen können. Theodor Baader
Verantw. Redakteur für die Landredaktion Heinrich Waltermann
Quelle: Neue Tagespost v. 13.03.1950