… wenn die rostroten Herbstastern an geronnenes Blut erinnern
Winterwetter war zwar nicht angesagt, aber der Wind rüttelte doch manchmal etwas heftiger an den Fensterläden des Hollager Hofes v. 1656. Hausherr Stefan Gutendorf begrüßte die Schar der Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Akteure auf der Diele und pünktlich gegen 19 Uhr begann die „Makaber lustige Krimilesung von Anne Koch-Gosejacob mit musikalischer Begleitung durch den Barden Johannes Eidt.
Dieser freute sich zur Einstimmung zunächst einmal über die, die da sind und ärgerte sich nicht über die, die fehlten. Anne Koch-Gosejacob gab dann ihre Geschichten, Gedichte und Erzählungen zum Besten, mal das Grauen, dass jeder kennt, wenn er in tiefer Nacht die Schatten über die Schlafzimmertapete huschen sieht, mal den indirekten Mord der überdrüssigen Ehefrau am langweiligen Gatten, oder auch das minutiös geplante Lebensende der Gattin im romantischen Weiher bei der Jagdhütte, getarnt als Kuschelwochenende. Dass man sich auch von prolligen Mit-Urlaubern im sonnigen Süden, direkt im Hotel durch einen inszenierten Todessturz vom Balkon entledigen kann, hätte wohl keiner der atemlos lauschenden Zuhörer gedacht. Auch die rostroten Herbstastern, die an geronnenes Blut erinnern und sich hervorragend zur Bepflanzung frischer Grabhügel eignen, durften nicht fehlen.
Zwischen den Geschichten unterhielt Johannes Eidt die Gesellschaft mit von ihm geschriebenen Liedern, die inhaltlich ebenfalls in Abgründe blicken ließen. In seiner Funktion als Steuereintreiber ließ er einen steuersündigen „Pflichtigen“ über die Klinge springen, der es eigentlich nur gut mit ihm meinte und der blutige Laie im Wartezimmer seiner Arztpraxis hatte unter seinen Händen wahrlich nichts zu Lachen.
Nach der Pause, in der man sich mit Rot- oder Weißwein stärken und an „abgetrennten Fingern“, laben konnte (eigenhändig von der Autorin angerichtet), ging es friedlicher, aber mit Gemeinheiten weiter.
Der Gutschein zum 70. Geburtstag für die Feuerbestattung im Friedwald, für den der schon alles hat sowie die Weissagung für die friedlichen Glaubensprediger an der Haustür, denen nach einer freundlichen Tasse Abführtee vorhergesagt werden konnte, sie kämen nicht mehr ganz weit, waren weitere Highlights.
Johannes Eidt „bänkelte“ mit seiner Gitarre entsprechende Lieder dazu, die von einem selbstverliebten „gern gesehenen“ Cabrio-Fahrer handelten und auch das Altern kam nicht zu kurz, aber bitte nicht jetzt, sondern später, so wie bei Iris Berben.
„Pech hatten alle, die an diesem Mittwoch einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher vorgezogen hatten, denn die haben etwas verpasst“, stellte Stefan Gutendorf zum Schluss fest. Nachdem die letzten abgetrennten Finger vertilgt waren, machte man sich auf den Heimweg, manch einer vielleicht mit besorgtem Blick um die Hausecken.