Der Hollager Steinbruch hinter dem Heimathaus ist der einzige im Landkreis Osnabrück, der zum Glück in den 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mit Müll verfüllt wurde und er ist wegen seiner gut erkennbaren Gesteinsschichten ein Naturdenkmal. Seit 2013 ist der Steinbruch in der Obhut des Heimatvereins „Hollager Hof“. Wir kümmern uns um den Bewuchs, die Spielgeräte und die Wetterhütte und räumen auch den Müll weg, der immer wieder dort vergessen wird.
Der Steinbruch kennt aber auch andere Zeiten, in denen er als Veranstaltungsort fungierte. Daran haben wir am vergangenen Freitag angeknüpft und den Klangkünstler Bert „Feinstrom“ Fleißig aus Hollage gebeten, eine Klang-Performance im Steinbruch zu machen. Das Ambiente passt dazu, die Akustik auch, aber alles andere fehlt dort natürlich, insbesondere Strom und Sitzgelegenheiten.
Ab 15 Uhr wurde die Technik aufgebaut, Strom und Beleuchtung installiert, Bänke und Stühle sowie Grill, Wurst und Getränke herbeigeschafft und aufgebaut. Um 18 Uhr ging es zunächst kulinarisch und ab 18:30 Uhr dann auch akustisch zur Sache.
Stefan Gutendorf begrüßte knapp 100 Gäste in der steinernen Rotunde und gestand, keine Idee zu haben und gespannt zu sein, was die Schar der Zuhörer und er wohl geboten bekämen. Eine musikalische Überraschung also.
Der Klang-Künstler Bert Fleißig umriss mit wenigen Worten den Ablauf seiner Performance. Er wolle die Geschichte des Gesteins musikalisch erzählen, von den Meeren und Sedimenten der Muschelkalkzeit über die Ablagerungen und Verwerfungen der Gesteinsschichten bis zur Ausbeute durch die Menschen im Steinbruch und dessen Revitalisierung zum Naturdenkmal, der Rückeroberung durch die Natur mit letztlich seiner heutigen freizeitlichen Nutzung.
Dann zog der Sound-Künstler sämtliche Register und entlockte dem vielfältigen Aufgebot an technischen Geräten übernatürliche sphärische Klänge. Wer die Augen schloss, hörte Wassermassen, Wellenbewegungen, tropische Vögel, Unterwassergeräusche, Walgesänge, das dumpfen Rauschen sich senkender Sedimente, berstende Gesteine, knirschendes Geschiebe, dumpfe Schläge bis hin zu ratternden monotonen Abläufen, die sich zu Explosionsgeräuschen verdichteten. Ein wenig wirkte es wie der Sound, den man häufig in Science-Fiction-Filmen antrifft, aber wiederum auch völlig anders. Die ausgezeichnete kurze Akustik des Steinbruchs und dessen besonderes Flair lieferten das Sahnehäubchen für die hörenswerte Performance.
Bert „Feinstrom“ Fleißig eilte von einem Steuer-Pult zum nächsten und zauberte die Klänge live aus den Drehreglern und Tastaturen, mal melodiös, aber nicht wirklich und dann wieder Dissonanzen, die wohl für die harten Steine standen. Die außergewöhnlichen Klänge schufen lebendige Bilder in den Köpfen der Zuhörer, allerdings wohl bei jedem Einzelnen in individueller Art und Weise, gewissermaßen als Unikate. Schließlich hat jeder zu Steinen ein anderes Verhältnis.
Nach etwa 60 Minuten war alles wieder im „Jetzt“ angekommen und Bert nahm den berechtigten Applaus seiner Zuhörerschaft dankend entgegen. Es war eine beeindruckende Performance, die manch einer und der Steinbruch so wie so, noch nicht gehört hatte.
Die Dunkelheit senkte sich über den felsigen Grund, die Außentemperatur war auf Nachtschaltung gegangen. Das Team vom Hollager Hof machte sich an den Rückbau des gesamten Equipments. Der Abbau geht immer schneller als der Aufbau, was für Steinformationen wie auch Veranstaltungen gilt. Gegen 21 Uhr wurden die letzten Lichter gelöscht, die Kabeltrommeln aufgewickelt und die Steine versanken wieder in absolute Stille und völlige Dunkelheit, wie sie es schon vor Jahrmillionen taten.