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von Franz Josef Hawighorst
– der Berg in der Mitte – das Moor im Norden und die Plaggenwirtschaft
Nicht überall im Ort Hollage ist die mehr als tausendjährige Geschichte noch sichtbar.
Die Zeit vor 10.000 -12.000 Jahren war die Zeit, in der im Westen von Hollage große Dünen entstanden. Die Dünen waren das Ergebnis von sehr starken Verwehungen in Norddeutschland. In der letzten Eiszeit waren riesige Gletscher nach Norddeutschland gekommen, die große Sandmengen aus Skandinavien mitgebracht hatten. Nach dem Abschmelzen der Gletscher brachten starke Winde die freigelegten Sandmengen bis in unsere Region.

Die in Hollage und Pente entstandenen Dünen bildeten in der Landschaft eine Barriere. Wasser konnte von Osten kommend nicht mehr bis zur Hase fließen. In der Folge staute sich in Pente und Hollage über mehrere Jahrtausende das Wasser. Es bildete sich ein Moor.
Um den Hollager Berg herum in Fiestel (ursprüngliche Bezeichnung „Visle“), in Dörnte nahe der Hase und in der hohlen Lage südlich des Berges entstanden erste Besiedlungen. In Fiestel könnte ein Urhof bereits in der Sachsenzeit gegründet worden sein. Die Barlage nahe der Hase wurde vor der Jahrtausendwende mit einer „Curia“, dem Haupthof eines Grundherrn, besiedelt. Die Dünen, die die Barlage vom Moor abschirmten, befanden sich östlich dieses Hofes. Zu dieser „Curia“ gehörte auch eine Wassermühle. Das Wasser erhielt die Mühle über einen künstlich angelegten Bach, der von Osten kam. Über diesen Bach wurde das Moor entwässert.
Von den Dünen in Hollage und Pente gibt es jetzt nur noch Reste. Eine solche Düne als Folge der Eiszeit ist auch der Kattenhügel. Dass der größte Teil der Dünen aus der Landschaft verschwunden ist, das erklärt sich mit der Plaggenwirtschaft der Bauern. Die Menschen lebten davon, dass auf dem Ackerland ausreichende Ernten erzielt werden konnten. Für gute Erträge auf den Feldern gab es aber noch nicht wie heute Kunstdünger. Für die Düngung der Eschböden wurden in der Landschaft Gras-, Heide- oder Krautsoden gestochen, zunächst auf den Höfen in die Ställe gebracht und anschließend auf dem Acker eingepflügt. Auf den Höfen auch in Hollage war der Plaggenbedarf groß. Abgestochen wurden die Soden auf dem Markenland, den gemeinsamen Landschaftsteilen aller Höfen. Die Plaggenwirtschaft unserer Vorfahren in einem Jahrtausend ist wissenschaftlich durch Dr. Klaus Mueller, einem Bürger der Gemeinde Wallenhorst, aufgearbeitet worden. In seinem Buch „Bauern, Plaggen, Neue Böden“ beschreibt er die Plaggenwirtschaft in Norddeutschland innerhalb eines Zeitraumes von tausend Jahren sehr anschaulich. Der Bedarf unserer Vorfahren nach Plaggen war riesig groß. Die Arbeiten auf den Höfen zur Gewinnung und auch zur Aufbringung der Plaggen auf dem Acker war sehr zeitaufwendig und mit körperlich schwerer Arbeit verbunden. Davon zeugen auch noch die Ergebnisse von Viehzählungen aus den vergangenen Jahrhunderten. Pferde auf den Höfen wurden für die Arbeit auf den Feldern und nicht für das Reiten in der Freizeit gehalten. Zu den Arbeiten, bei denen Pferde eingesetzt wurden, gehörte auch der Transport der Plaggen. Daher standen auf vielen Höfen 5 Pferde im Stall.
Auch der Aufwuchs auf den Dünen wurde abgestochen. Dadurch wurden große Sandmengen erneut freigelegt, die von starken Winden in der Landschaft verteilt wurden. Dr. Klaus Mueller beschreibt in seinem Buch, dass überall dort, wo Plaggen gestochen und der darunter liegende Sand frei wurde, dieser mit enormen Windgeschwindigkeiten in der Landschaft verteilt wurde. So erklären sich auch viele Sandböden in unserer Gemeinde, die in den vergangenen Jahrhunderten für unsere Vorfahren wenig ertragreich waren.
Die Plaggen waren auch in der Bauerschaft Hollage so wertvoll, dass das Plaggenstechen zumeist nur für den Eigenbedarf der Markgenossen erlaubt und die Ausfuhr auch in die Nachbarorte im Kirchspiel verboten war. Plaggen wurden auch im Wald gestochen. Das ging auch zu Lasten des Hollager Berges, der den Bewohnern der Bauerschaft Holz als Heizmaterial lieferte. Bekannt ist, dass z.B. im 17. Jahrhundert das Plaggenstechen und das Plaggenmähen im Berg verboten war, da dadurch das Nachwachsen von jungen Bäumen verhindert wurde. Aber auch Strafen schreckten viele Bewohner nicht davon ab, möglichst unerkannt den wertvollen Dünger für das Ackerland zu stechen. Der Hollager Berg drohte sowohl wegen der übermäßigen Abholzung als auch wegen des zumeist verbotenen Plaggenstechens zu veröden. Die Forderungen vieler Hollager, den Hollager Berg aus dem gemeinsamen Eigentum aller Höfe herauszunehmen und ihn nach Vermessung an die Markgenossen zu verteilen, wurden immer lauter. 1766 wurde der Hollager Berg geteilt. Etwa 23 – 24 ha wurden von dieser „Privatisierung“ ausgenommen, Die Hofbesitzer als Markgenossen wollten hier weiter Plaggen stechen. Daher unterblieb in Teilflächen auch die notwendige Aufforstung des Berges.
Im 19. Jahrhundert veränderte sich die Bewirtschaftung des Ackerlandes. In der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts wurden Kali-, Phosphor- und Kalkdüngemittel entwickelt. Damit konnten größere Erträge erreicht werden. Der Lechtinger Unternehmer Johann Rudolf Pagenstecher machte sich für die Bauern in den Gemeinden im Kirchspiel Wallenhorst verdient. Er hielt Vorträge für Landwirte und gründete landwirtschaftliche Vereine. In Lechtingen am Piesberg produzierte er in einem Kalkofen Düngekalk.
Dr. Klaus Mueller beschreibt in seinem Buch, wie in einem Jahrtausend durch die Düngung mit Plaggen wertvoller Plaggenesch in allen Orten auch im Kirchspiel Wallenhorst entstand.

Wer mehr über die Plaggenwirtschaft unserer Vorfahren erfahren möchte, dem sei ein Besuch im Informationszentrum „Plaggenesch“ bei der Lechtinger Windmühle empfohlen. Die Öffnungszeiten erfahren Sie unter
http://www.windmuehle-lechtingen.
Wer mehr über das Moor in Hollage und sein Entstehen wissen möchte, dem sei der Beitrag „Die Barlage in der Bauerschaft Hollage – eine mehr als tausendjährige Geschichte“ im Heimatjahrbuch 2022 empfohlen. Das Heimatjahrbuch ist auch im Heimathaus erhältlich.
Das Buch „Bauern , Plaggen, Neue Böden“ ist im Handel erhältlich. Zumindest von der Buchhandlung Wenner in Osnabrück ist bekannt, dass es dort bestellt werden kann.
Franz-Joseph Hawighorst
