Wallenhorst
In Wallenhorst heißt sie Engterstraße, in Bramsche-Engter umgekehrt Wallenhorster Straße. Gemeint ist in beiden Fällen die alte Heerstraße über den Vossberg, die heutige Landesstraße Nr. 78.
Wer von Osnabrück nach Vörden oder Damme wollte, musste schon immer über Wallenhorst und Engter fahren. Auch die Gebeine des heiligen Alexander haben im Jahr 851 n. Chr. mit einiger Wahrscheinlichkeit diesen Weg genommen. Gemeint ist die „Translatio Sancti Alexandri“, die Überführung der Reliquien des Heiligen von Rom über Wallenhorst nach Wildeshausen, der Wallenhorst seine Ersterwähnung in den Geschichtsbüchern und die Namensgebung der Alexanderkirchen verdankt.
Die frühen Überlandstraßen dienten dem Warenhandel und – oftmals noch wichtiger – der Verlegung von Heerestruppen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Karten, die die Verläufe von Heerstraßen zeigen, von Offizieren erstellt wurden. Eine der ältesten Straßenkarten des Osnabrücker Landes, die auch den Verlauf der heutigen Engter Straße abbildet, wurde 1766 von den hannoverschen Offizieren von dem Bussche und von Benoit aufgenommen und 1774 als „Topographische Karte des Hochstifts Osnabrück“ gedruckt.
Nun darf man nicht meinen, dass diese frühen Heerwege viel mit heute gewohnten Straßen zu tun hatten. Es waren holperige Wege mit Schlaglöchern und tiefen Spurrillen. Im Sommer war der Weg über den Vossberg so versandet, dass er nur vier- oder sechsspännig befahren werden konnte. Die anliegenden Bauern hielten Gespanne vor, um stecken gebliebene Wagen frei zu ziehen, und hatten dadurch einen Nebenerwerb. Wie Frieda Semberger und Margrit Kräft in einer historischen Abhandlung schreiben, sind die Bewohner des Kirchspiels zwar zur Instandhaltung der Wege verpflichtet gewesen, kamen der Aufgabe aber oft nur oberflächlich oder aber überhaupt nicht nach. Denn einen Vorteil hatten die schlechten Wege: Sie hielten marodierende Soldaten und Räuberbanden fern.
1838 wurde die Engterstraße gepflastert, zu beiden Seiten mit Pappeln und Weiden bepflanzt und mit Straßengräben versehen. Um die neuen Steinstraßen bezahlen und unterhalten zu können, musste jedes Fuhrwerk eine Nutzungsgebühr, einen Vorläufer der heute heiß diskutierten Pkw-Maut, zahlen. Am Fuß des Vossbergs, beim Kotten Lindewirth (heute Gaststätte Beckmann), war ab 1848 eine Mautstelle eingerichtet. Der Pächter der Hebestelle, der „Bäumer“, öffnete den Schlagbaum erst, wenn das Wegegeld entrichtet war. Als Lohn für seine Dienste durfte er zwölf Prozent der Einnahmen behalten. Von dem Rest bekam das Kirchspiel Engter zwei Drittel und Wallenhorst ein Drittel für den Straßenbau-Etat. Eine Reproduktion des preußischen „Wegegeld-Tarifs für Chausseen und Landstraßen“ kann man heute im Schankraum der Gaststätte Beckmann studieren.
von Joachim Dierks
Quelle: NOZ vom 26.2.2015