Wido Spratte liest Weihnachtsgeschichten
Mal ehrlich: Wer hat wirklich präsent, dass in wenigen Tagen die Geburt Christi mit dem Weihnachtsfest gefeiert wird? Wer hat präsent, was es mit diesem Ereignis auf sich hat, welches Prinzip mit dieser Geburt in der Geschichte der Menschen grundgelegt wurde?
Es war Wido Spratte, der den Zuhörern im vollbesetzten „Ho|lager Hof“ aus seinem Buch „Der rote Weihnachtsstern“ vorlas. Der nach einer musikalischen Einstimmung in einem gekonnten Bogen die alte Geschichte vom Frieden, der durch ein hilfloses Kind in die Welt kam, in den Kontext der Gegenwart übertrug. Der von jener alten Geschichte erzählte, deren Wesen die Durchbrechung der Spirale der Gewalt, der Mißgunst, der Habsucht, der Ungerechtigkeit, des gegenseitigen „Fertigmachens“ usw. ist und die auch nach zweitausend Jahren nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Und die auch heute noch am ehesten von denen verstanden wird, die nicht im Rampenlicht, sondern mehr im Schatten stehen.
So wie vor zweitausend Jahren die Hirten auf dem Feld, die wie die satten, selbstzufriedenen und vorteilsbedachten Wohlstandsbürger ihrer Zeit „den Messias zwar erwarteten, im Gegensatz zu diesen seine Ankunft jedoch nicht verschliefen“. Weil sie ihn dort suchten, wo er bis heute letztlich zu finden ist: In der Krippe, d.h. bei den Ausgegrenzten, oder in den Bunkernächten des zweiten Weltkrieges, wenn der Gedanke an das Kind in der Krippe die Menschen berührt und verändert, wenn sich aus Angst, Aggression und Hoffnungslosigkeit Vertrauen und Miteinander entwickeln. Oder wenn der Heimatvertriebene nach dem Krieg mittellos in der Fremde steht und gerade von demjenigen Hilfe bekommt, der selber nichts hat.
Wido Spratte gehört zu jener Generation, die den ll. Weltkrieg nicht an der Front, sondern in den Bunkernächten des Bombenkrieges auf Osnabrück erlebt hat. Deren beginnendes Leben von Angst, Tod und Zerstörung geprägt war und die diese existentiellen Erlebnisse wie auch die Not der Nachkriegszeit ihr ganzes Leben mit sich getragen haben. Wenn ein solcher Mensch die Botschaft vom Frieden so beeindruckend vorliest wie Wido Spratte, ist ihm die Aufmerksamkeit der Zuhörer sicher. Im „Hollager Hof“ jedenfalls konnte man auch nach anderthalb Stunden noch die berühmte Stecknadel fallen hören.
Dazu beigetragen hat auch die dezente Weihnachtsmusik des Ruller Saxophontrios. Werner Tewes, Horst Schawe und Fritz Baier umrahmten den Leseabend mit geschmackvollen Musikbeiträgen, die vom Weihnachtsmedley bis zum kräftig mitgesungenen „Oh du Fröhliche“ reichten. Richtig vorweihnachtlich eben.
Der Vorstand des „Hollager Hofes“ bedankt sich und wünscht allen Gönnern, Freunden, Mitgliedern und Besuchern eine besinnliche Adventszeit, „Frohe Weihnachten“ und einen „Guten Rutsch“ ins neue Jahr. Und hofft natürlich auf ein Wiedersehen 2010.
L.
Quelle: Bürger-Echo vom 16.12.2009
siehe auch NOZ vom 14.12.2009