Von Andreas Wenk
Eine weitere Sicht auf die 68er
Wallenhorst. Uwe Uecker, Polizist und Künstler, singt, musiziert, dichtet und schreibt Kurzgeschichten. Im Heimathaus Hollager Hof präsentierte er ein buntes Kaleidoskop seiner vielen Gedichte, Kurzgeschichten und Lieder. Sie handeln oft von sehr persönlichen Erinnerungen an Kindheit und Familie.
„Alle, die nicht hier waren, haben etwas verpasst“, so das Fazit von Stefan Gutendorf Vorsitzender des Vereins „Heimathaus Hollager Hof“. Und das betraf viele. Dabei hätte der Abend mit Uwe Uecker in mehrfacher Hinsicht ein breiteres Publikum verdient. Nicht nur, weil er mit seinen Auftritten Spenden für Leukin sammelt, einen Verein, der sich der Hilfe für Leukämiekranke verschrieben hat, sondern wegen dieses heimeligen Gefühls von Geborgenheit und Urvertrauen, in das er sein Publikum entführt. Nur etwa 20 Gäste hatten den Weg in den Hollager Hof gefunden, aber denen bot Uecker ein Kaleidoskop wohltuender Erinnerungen aus Musik, Gedichten und Kurzgeschichten.
Beobachter der kleinbürgerlichen Welt
Der Dorfpolizist aus Ostercappeln schätzt Loriot, Heinz Erhard und Reinhard Mey, er hat ihre Stile verinnerlicht. Ebenso akribisch wie seine Vorbilder beobachtet er die kleinbürgerliche Welt und bietet so seinem Publikum einen ganz eigenen Blick auf die 68er-Generation und Folgezeit. Wie der Kolumnist Axel Hacke mit seinem sprechenden Kühlschrank „Bosch“ flicht er immer wieder Markennamen aus Wirtschaftswundertagen ein. Deren Glanz ist überwiegend zwar längst verblasst, in der Erinnerung der 68er leben sie jedoch als Synonym für die gute alte Zeit weiter. Saba oder Loewe, der Küpperbusch Ölofen mit der davorstehenden stinkenden Ölkanne und die Wunderkiste Fernseher, der alte „Herr Grundig“ schalten das Kopfkino ein.
Liebeserklärungen an Oma und Opa
Hinzu kommen Ueckers Kurzgeschichten und Gedichte. Es sind Liebeserklärungen an Oma und Opa, Mutter und Vater, Frau und Kind, Leben und die Natur. Ohne Kitsch und dennoch anrührend weckt er Sehnsüchte an eine entglittene Harmonie. Die Zeitreise unterstreicht Uecker auch in seinem Bühnenbild. Es bildet die Kulisse eines 60er-Jahre-Wohnzimmers mit Musiktruhe und Schrankwand. Als 3D-Elemente hat er davor seinen Lederlesesessel, eine stilgenaue Stehlampe und ein Kofferradio mit Kassettenteil drapiert. Uecker spricht und singt leise und zugleich sehr artikuliert. Selbst wenn er davon berichtet, dass Vater das Donnerwetter in Perfektion zu einer eigenen Kunstform entwickelt hat, Uecker bleibt unaufgeregt und versöhnlich.
Gegen Ende dann die Geschichte von einem alten Ehepaar auf dem Reinhard-Mey-Konzert. Sie fixiert die Bremse an seinem Rollstuhl und dennoch lehnt sie ihren Kopf an seine Schulter. „Hält er ihre Hand oder umgekehrt?“ Egal, denn „es ist gut so, wie sie da sind“, stellt Uecker fest und lässt die Erzählung singend in Meys „Gute Nacht Freunde“ ausklingen, nicht ohne in einer modifizierten Songzeile einen Dank an das eigene Leben zu verstecken.