Vom Holzbottich zur Hightech-Maschine

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Ein Besuch bei Miele in Gütersloh

Böse Zungen behaupten immer wieder, die Stadt Bielefeld gäbe es nicht. Da scheint was dran zu sein. Ich treffe mich mit 32 Mitfahrern und Mitfahrerinnen am Hörnschemeyer-Bus nahe der Weltkugel. Planmäßig wollen wir nach Bielefeld zur Besichtigung des Mielewerkes fahren. Allerdings kommen wir nach etwa einer Stunde Fahrt in Gütersloh an, ebenfalls bei Miele, denn dort werden wir erwartet. Aber wer konnte das wissen?

Wir sind in guten Händen, denn es begleitet uns Dr. Thomas Richter, der Miele-Partner in Osnabrück und vor Ort begrüßt uns Herr Adam, Mitarbeiter der Fa.Miele seit 37 Jahren, der uns auf dem Werksgelände führt. Zunächst stärken wir uns aber mit einem Begrüßungskaffee, bevor wir im Firmen-Kino einen Überblick zum Familienunternehmen Miele bekommen. 35000 Beschäftigte verteilen sich auf die verschiedenen Standorte in Deutschland, mehrheitlich in NRW, aber es gehören auch Unternehmen in Österreich, Italien, Polen, Rumänien, Tschechien und sogar in China dazu. 

Die aktuell in der Presse geführte Diskussion zur Verlagerung der Miele-Produktion nach Polen sei totaler Unsinn, hören wir. Miele produziere schon seit Jahren im eigenen Werk in Polen Geräte des sogenannten Einstiegssegments, weil dort die Personalkosten niedriger sind als in Deutschland. Einstiegsgeräte können deshalb bei gleicher Qualität preiswerter angeboten werden als die ausschließlich in Deutschland hergestellten Premiumgeräte.

Wir informieren uns über die Vorproduktion, zu der u.a. die Eisen-Gießerei, die Blechbearbeitung im Presswerk und die Herstellung von Elektronikteilen gehört. Um die 80% der Produktion wird selbst hergestellt und nur ein kleiner Teil zugekauft. Wir haben die Gelegenheit, unsere Fragen zum Input loszuwerden und bekommen vollumfängliche Antworten. Miele ist offensichtlich mehr als Waschmaschinen und Staubsauger. Damit fing zwar alles an, aber die heutige Bandbreite der Produkte reicht von den Consumerprodukten über Großgeräte bis zur Labor-, Dental- und Medizintechnik.

In der Kantine 3 sind wir zum Pichelsteiner Eintopf samt Nachtisch eingeladen. Danach geht es mit dem Bus über das 84 Hektar große Firmengelände zur Fertigungshalle für Waschautomaten. 

Im Jahr 1965 war ich schon einmal bei Miele in einer Fertigung zu Besuch. In meiner Erinnerung war das ein lärmendes, Funken sprühendes und nach galvanischen Laugen riechendes Erlebnis. Überall Hand- und Knochenarbeit, damals!   

Heute sind überall Roboter im Einsatz, Menschen liefern die Teile zu, legen sie den Maschinen zurecht und bedienen sehr leise Schrauber und hydraulische Hilfsmittel. Es wird nicht mehr mit ratterndem Drehmoment geschraubt, sondern gequetscht. Das ist haltbarer und rostet nicht, kann aber auch nur im Verbund demontiert werden, wenn nötig. Leider dürfen wir in der Produktion nicht fotografieren. 

Es ist zwar Bandarbeit, die wir in einer Unmenge an Einzelschritten von der Basis einer Waschmaschine bis zur Endkontrolle beobachten können, aber sie ist nicht von Hektik, Druck, Krach oder schlechten Gerüchen geprägt. Die Arbeitskräfte vermitteln einen äußerst entspannten Eindruck. Auf diese Weise entstehen pro Tag etwa 2400 Waschmaschinen, alle immer auf weltweite Bestellung, nichts davon geht ins Lager. Zu besseren Wirtschafts-Zeiten waren es in der Coronazeit noch über 4000 pro Tag. So viel zu: Die Wirtschaft schwächelt.

Die betriebseigene Logistik liefert die Produkte ausschließlich mit eigenen LKW aus. Es gibt zwar einen Gleisanschluss auf dem Betriebsgelände, aber für die Deutsche Bahn ist Miele als gewerblicher Bahnkunde zu klein, so hören wir. Da bleibt nur die Straße. Vielleicht ist die Bahn aber auch nur zu langsam und niemand will wochenlang auf seine Waschmaschine warten, wird gemutmaßt.

Nach der Produktion holt uns die Geschichte im Miele-Museum ein. Hier dürfen wir wieder fotografieren und natürlich alles anfassen. Butterzentrifugen, hölzerne Waschbottiche, Schummeln, Maschinen mit Wasserantrieb, die erste elektrische Waschmaschine, Staubsauger, Geschirrspüler, Fahrräder, Motorräder…, es ist alles da. . Wir dürfen auch das offensichtlich einzige erhaltenen Exemplar eines Miele-Autos Baujahr 1912 bestaunen. Es soll noch fahrtüchtig sein. Einiges kenne ich noch aus eigener Anschauung, anderes aus Erzählungen. 

Miele ist 1899 gegründet worden und blickt aktuell auf eine 125-jährige Firmengeschichte zurück. Die damals wie heute angebotenen Geräte waren / sind immer langlebig, von guter Qualität und kosteten in der Regel etwa einen Monatslohn, sind also nicht wirklich teurer geworden. Vor etwa 60 Jahren sorgten die mitarbeitenden Ehefrauen dafür, dass sich immer mehr Haushalte eine Waschmaschine, einen Trockner oder einen Geschirrspüler leisten konnten. Das ist alles noch nicht so lange her, aber der technische Fortschritt in dieser Zeit ist schon gigantisch

Die Eindrücke im Museum sind für uns ebenfalls äußerst interessant und wir können wieder “1000 Fragen” loswerden. Organisator Reinhard Kruithoff bedankt sich anschließend bei unseren Gastgebern und unser Busfahrer steuert uns mitsamt unseren Eindrücken am Nachmittag wieder in Richtung Hollage. Ein sehr gelungener Tag, und… Kontakt bringt Nähe!   

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