Erneut war es „schwere Kost“, die Ludger Hellermann den Zuhörern des „Literarischen Abends im „Hollager Hof“ präsentierte.
Mit Schwerpunkt Rainer Maria Rilke hatte er einen Dichter gewählt, der den Nerv des Publikums vor 100 Jahren ebenso erfolgreich traf wie heute – misst man das Interesse an seinem Werk damals mit den aktuellen Auflagen. Sichtbar machte der Rezitator eine ebenso egoistische wie bindungsunfähige Person auf der rastlosen Suche nach eigener Identität. Scheidungswaise, Vater gescheiterte Existenz, selbstsüchtige Mutter, die den Jungen als Ersatz für die fehlende Tochter in Mädchenkleider steckt, Militärrealschule.
Es ist die „brutale Knechtung seiner Natur“(Hellermann), die aus dem 1875 in Prag geborenen Jungen jenen Außenseiter macht, der in träumerischer Romantik „Ewigkeit, Treue, Sehnsucht, Einsamkeit, Gott“ usw. verklärt. Scheiternde Lieben, in Worpswede das „erste Mal Gefühl von Heimat“, Flucht vor der eigenen Ehe und Vaterschaft nach Paris, in jene „einzigartige Stadt, die den Frühling nicht unterdrückt“; nach Schweden: „Stille Strahlung sinkender Sonne“ ; nach Russland: „zu Staub sind die Gebeine in dem Steine, was blieb das ist der Geist“. 1912 in Paris: „bin ganz allein in dem großen Sturme“- als Vorgefühl auf den ersten Weltkrieg? und noch einmal: „wenn auch einsam, allein bin ich doch nicht auf der Welt“, meine Freundin ist „die unendliche Phantasie“.
Bei soviel Gedankenschwere kam ein leichtes Gläschen Rotwein zur Pause durchaus passend.
Im zweiten Teil ging es dann mit Ringelnatz auf Weihnachten zu. Erfrischend, pointiert und nicht ohne Ironie. Erkennbar, dass der Rezitator sich seinen Lieblingsautor für den Schluß aufgespart hatte. Mit einer kleinen Erinnerung an jene, die „wohl tätig, aber nicht wohltätig sind“. Danke Ludger Hellermann für den kurzweilig besinnlichen Abend.