Wanderdünen und Hügelgräber

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Unterwegs im königlichen Forst: Der Wallenhorster Umwelt beauftragte Udo Stangier informierte über Natur und Kulturgeschichte im Hollager Norden. Foto: Joachim Dierks

Natur und Kultur beim Schnatgang mit Udo Stangier und Konrad Arndt

jod WALLENHORST.
Der frühherbstliche Schnatgang mit dem Umweltbeauftragten der Gemeinde Wallenhorst, Udo Stangier, führte in das Waldgebiet nördlich der Hollager Mühle, in die Königstannen. Ein Schnatgang ist ein Grenzgang. Gemeint ist die geografische Grenze Wallenhorsts, die diesmal im Nordwesten des Gemeindegebiets, zu Bramsche-Pente hin, berührt wurde. Grenzgang bezieht sich aber auch auf das Miteinander von Natur und Kultur.

Im Idealfall gelingt es, Spuren der menschlichen (Kultur-)Geschichte in der heutigen Landschaft aufzunehmen und anhand der Pflanzen-Gesellschaft, die sich jetzt dort breitgemacht hat, zu belegen. Gut 30 interessierte Bürger stapften hinter Stangier und seinem speziell für die botanische Seite zuständigen Begleiter Konrad Arndt her, seines Zeichens emeritierter Professor für Vegetationskunde.

Das Vorkommen einer Pflanzenart hat mit dem Nährstoffgehalt des Bodens zu tun, darauf geht Arndt immer wieder ein und stellt den Schnatgängern typische „Säurezeiger“ wie Heidelbeere, Stieleiche, Eberesche und Birke vor. Die Häufigkeit der Kiefer jedoch ist Menschenwerk, verdeutlichen die Fachleute.

Nach 1866, als Hannover zu Preußen kam, legten die neuen Forstherren Wert auf Holzertrag. Im „Königlichen Forst“ – daher der Name Königstannen – ließen sie Kiefern pflanzen.

Die Kiefern hatten gleichzeitig den Auftrag, die Wanderdünen im Hasetal zum Stillstand zu bringen. Die Schnatgänger erfahren, dass in früheren Zeiten das Gelände ohne Baum und Strauch war – schwer vorstellbar bei der heutigen Vegetationsdichte. Überweidung und „Plaggenhieb“, also der Abtrag von Wald- und Heideboden zum Zwecke der Ackerdüngung, hatten den Baumbestand zurückgedrängt.

So hatte der Wind leichtes Spiel, den sandigen Boden zu Dünen zusammenzutreiben. Bei manchem Hügel sei man im Zweifel, ob der nun als naturgemachte Düne oder als menschengemachter Grabhügel zu deuten sei, gesteht Stangier ein. Knapp nördlich des Sooswiesenbachs („Sauerwiesenbach“) ist die Sache jedoch klar, nicht zuletzt weil, ein großes Erklärungsschild davorsteht: Hier bestatteten unsere jungsteinzeitlichen Vorfahren vor 4000 Jahren ihre Toten in Grabgruben. Später wurden diese Grabanlagen für veränderte Bestattungsformen weitergenutzt, etwa für die Beisetzung von Baumsärgen in der älteren Bronzezeit (um 1500 v. Chr.) oder von Urnen in der jüngeren Bronzezeit. Die darüber gewölbten Hügel wurden durch eine Ringmauer aus Steinblöcken zusammengehalten.

In der Nähe von Penter Sportplatz und Schützenhaus wird es spannend. Über einen schmalen Pfad betritt die Gruppe den „Tempel“. Plötzlich verfinstert sich der Himmel und schickt Blitz und Donner. Ob die Götter zürnen, weil man sich unangemeldet in ihr Heiligstes vorwagt? Kann eigentlich nicht, meint Stangier. Denn die sichelförmige Wallanlage des „Tempels“ ist keine altheidnische Kultstätte, sondern ganz einfach eine Wanderdüne. Freilich die höchste in dem Gebiet. In einer früheren Beschreibung ist von 25 Metern die Rede, heute sind es noch etwa 15 bis 18 Meter. Die recht gleichmäßige Rundung des Walls lasse an eine Verteidigungsanlage denken, sagt Stangier. Es sei inzwischen aber wohl gesichert, dass die Erhebung natürlichen Ursprungs sei. Was der Mensch hinzugefügt hat, sind die sonst hier kaum vorkommenden Buchen auf dem Wall. Sie sollten offensichtlich die Wanderdüne stoppen, damit sie nicht den Penter Haupthof etwas weiter nördlich begrabe. Das Vorhaben gelang, der Hof steht heute noch da. 

Joachim Dierks

Quelle: NOZ v. 16.09.2011