Bauern-Lesekreis vor 150 Jahren Wallenhorst

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MIT DEM RECHEN wurde wie hier in Hollage kurz nach der Jahrhundertwende das Heu geerntet. Nicht alle Bauern waren seinerzeit im Besitz eines solchen Ackerwagens. Foto: Privat (Andreas Albers)

1845 wurde landwirtschaftlicher Verein gegründet

von Klaus Hilkmann

Wallenhorst Wer glaubt, Landwirte würden sich seit eh und je allein auf ihre „Bauernschläue“ verlassen, liegt falsch. Die ersten landwirtschaftlichen Vereine wurden in der Region Osnabrück vor gut 160 Jahren vor allem deshalb gegründet, um die Bauern mit neuen Kulturpflanzen, Maschinen und der Kindererziehung vertraut zu machen. Der erste landwirtschaftliche Verein entstand hierzulande 1833 in Meile. Wenige Jahre später folgten Ankum (1836), Bramsche, Gehrde und Badbergen (jeweils 1839) sowie Rulle (1844).

Ein Jahr später als die Ruller schlossen sich vor 150 Jahren unter dem Vorsitz des Bergmeisters Johann Rudolf Pagenstecher auch in Wallenhorst mehrere Bauern zu einem landwirtschaftlichen Verein zusammen. Wie auch in Rulle, durften Vereinsmitglieder beispielsweise an einem Lesekreis teilnehmen. Als Lektüre dienten den Bauern vor 15O Jahren die Dorfzeitung, das Lüneburger Provinzialblatt und die landwirtschaftlichen Blätter. In den monatlichen Versammlungen standen schon damals Themen wie Schweinemast, Düngergewinnung und Unkrautbekämpfung ganz oben auf der Tagesordnung. 1851 wurden in Rulle auf einer ersten Tierschau landwirtschaftliche Geräte und Produkte vor gestellt. Dass der Erfahrungsaustausch und die berufliche Fortbildung Früchte tragen, erkannten die Bauern schon kurze Zeit nach den ersten Vereinsgründungen. So heißt es beispielsweise in einem Bericht über eine Exkursion im Vereinsbezirk Rulle im Jahr 1847:

„Wie sehr wurde unsere Hoffnung auf eine baldige Verbesserung des Ackerbaus vermehrt, als wir entdeckten, dass die eifrigsten Mitglieder unseres Vereins, um mit dem Futterbau ehestens in Schwung zu kommen, schon eine Fläche von etwa zwei Malter Größe mit jungem Klee und eben so viel mit Kartoffeln als Vorsaat zum Klee bestellt hatten.“ Nachdem der landwirtschaftliche Verein Wallenhorst seine Tätigkeit zwischenzeitlich eingestellt hatte, entstand unter dem Vorsitz des Haster Bauern Goldkamp 1874 der landwirtschaftliche Verein Haste-Rulle-Wallenhorst. 1887 teilte sich der Vorläufer des heutigen Landvolkverbandes in zwei Vereine auf.

Die Trennung in landwirtschaftliche Vereine für Wallenhorst und Haste-Rulle-Schinkel (ab 1919 Rulle) hatte bis zur Fusion der Vereine zum Landvolkverband Wallenhorst im Jahr 1973 Bestand. Unterbrochen wurde die Aktivität landwirtschaftlicher Vereine nur während des „Dritten Reiches“. Die Vereine wurden 1933 auf Drängen der Nationalsozialisten aufgelöst.

Quelle:  NOZ v.  04.02.1995