Wo einst der Fürstbischof langkutschierte
WALLENHORST
Mit 3,8 Kilometer Länge auf Wallenhorst-Hollager Gebiet gehört der Fürstenauer Weg zu den längsten und verkehrsreichsten Straßen in der Gemeinde. Aber das ist noch nicht alles: Wenn er an der Autobahnbrücke die Gemeindegrenze erreicht, hat er unter gleichem Namen schon fünf Kilometer in Osnabrück-Haste und -Pye zurückgelegt. Weshalb wird ein bedeutender Straßenzug nach einer Stadt benannt, die immerhin 42 Kilometer entfernt liegt?
Die alte Hansestadt Fürstenau steht in einer besonderen Beziehung zum Osnabrücker Land, seitdem der Osnabrücker Fürstbischof Gottfried von Arnsberg 1344 dort eine Festung errichten ließ,um seinen Anspruch auf dieses Gebiet gegen die Grafschaft Tecklenburg durchzusetzen. Die Festung wurde zu einem Schloss ausgebaut und diente den Fürstbischöfen als Residenz, bevor sie diesen „zweiten Wohnsitz“ aufgaben und sich auf ihren ersten auf der Iburg und später im Osnabrücker Schloss konzentrierten.
Über den amtlichen Verkehr innerhalb des Hochstifts hinaus war die Straße nach Fürstenau eine wichtige Heer- und Handelsstraße. Günter Schotte weist in einem Aufsatz im Heimatjahrbuch 1974 darauf hin, dass praktisch der gesamte Warenverkehr zwischen Holland und dem Deutschen Reich über Osnabrück lief. Der Warenaustausch mit den nördlichen Niederlanden ging teils über Westerkappeln, Recke und Lingen, zu einem großen Teil aber auch über Fürstenau, Haselünne und Meppen.
Der alte Fürstenauer Weg verlief westlich der Hase durch die Tecklenburger Herrschaft. Im Jahr 1601 ließ Graf Arnold von Tecklenburg in Wersen eine Zollstelle einrichten, um von dem regen Handelsverkehr zwischen Holland und Osnabrück zu profitieren. Die Osnabrücker protestierten, aber vergeblich. So erschien es schließlich als das kleinere Übel, einen neuen Fürstenauer Weg weiter östlich über den Piesberg und den Hollager Berg zu trassieren, der auf Osnabrücker Gebiet blieb. Die Frachtwagen mussten nicht mehr vor tecklenburgischen Schlagbäumen haltmachen und einen Obolus entrichten. Der heutige Verlauf des Fürstenauer Wegs war damit festgelegt.
Allerdings nur bis zur Barlager Kanalbrücke. Hier schwenkt der Fürstenauer Weg heute erst nach Norden, dann nach Osten und geht in die Hansastraße über. Die ursprüngliche Führung dieser Straße brauchte auf den Kanal keine Rücksicht zu nehmen, weil es ihn noch nicht gab. Bevor der 1915 fertiggestellte Zweigkanal viele Wegeverbindungen im Westen von Hollage zerschnitt, führte der Fürstenauer Weg in einer geraden Strecke in die Barlage hinein, so wie heute die Straße „In der Barlage“, und überquerte beim Hof Niehaus die Hase.
Bei einer großen Flut mit starkem Eisgang wurde die Brücke im Jahr 1774 zerstört. Man baute schnell eine neue, aber die erlitt 1841 das gleiche Schicksal. Inzwischen hatten sich die Verkehrsströme so verlagert, dass man einen nochmaligen Wiederaufbau für nicht mehr lohnenswert hielt. Damit war der alte Handelsweg nach Fürstenau unterbrochen und zu einer Sackgasse geworden. Der nordwestlichste Hollager Ortsteil Barlage ist nun quasi eine Insel zwischen Hase und Kanal mit einem einzigen Zugang von Süden. Um wieder einen Nordausgang zu schaffen, würde es nicht reichen, eine neue Brücke zu errichten. Denn auf dem Hof Niehaus entstand 1861 ein neues Gebäude mit Wohn- und Wirtschaftsteil genau auf der alten Trasse des Fürstenauer Weges.
von Joachim Dierks
Quelle: NOZ vom 19.12.2015